Die Hormonersatztherapie bei Wechseljahrsbeschwerden ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Insbesondere, wenn es um das Brustkrebsrisiko geht. Was Ärzte wissen sollten.
Patientinnen mit Wechseljahresbeschwerden gehören zum normalen gynäkologischen Praxisalltag. Das Beschwerdebild umfasst typische Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Gewichtsprobleme und Libidoverlust. Scheidentrockenheit und rezidivierende Harnwegsinfekte entstehen durch einen lokalen Östrogenmangel. Osteoporose und Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Episoden können durch den allgemeinen Östrogenmangel verursacht sein.
Der Leidensdruck ist sehr unterschiedlich, etwa ein Drittel der Frauen erleben das Klimakterium relativ symptomlos, ein Drittel hat moderate Beschwerden und wiederum ein Drittel ist in seiner Lebensqualität so entscheidend eingeschränkt, dass ohne eine adäquate Therapie eine Arbeitsunfähigkeit droht.
Wichtig ist, sich zunächst einmal im ärztlichen Gespräch Zeit zu nehmen und die Lage zu sondieren. Dabei ist es vorteilhaft, einen inneren Fragenkatalog vor Augen zu haben, womit sich die Situation besser einschätzen lässt:
Bei moderaten Beschwerden oder Kontraindikationen bezüglich einer Hormonersatztherapie (HET), wie etwa anamnestische Thromboembolien, sind zunächst Phytotherapeutika aus der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) oder ein Trockenextrakt aus der Rhabarberwurzel gute Alternativen.
Bei Schlafstörungen helfen Präparate mit Baldrian, Melisse und Hopfen, leichte depressive Störungen lassen sich mit Johanniskraut behandeln.
Vaginalatrophien können zunächst mit östrogenfreien Befeuchtungscremes oder Vaginalzäpfchen therapiert werden. Selbstverständlich sind Patientinnen mit internistischen oder psychiatrischen Problemen den entsprechenden Fachkollegen zuzuführen. Eine ausgewogene Life-Work-Balance, Ernährungsumstellungen, Sport und familientherapeutische Ansätze können bereits viel bewirken.
Bei einigen Patientinnen lassen sich die Beschwerden damit aber nicht in den Griff bekommen, andere Patientinnen dringen von sich aus auf eine HET bzw. stehen bereits seit vielen Jahren unter einer Therapie und kommen damit zum ersten Mal in meine Praxis.
Bei allen Beratungsgesprächen nimmt die Angst um ein möglicherweise erhöhtes Brustkrebsrisiko unter HET einen besonderen Stellenwert ein. Deshalb soll auf dieses Problem hier explizit eingegangen werden.
Kaum ein anderer Bereich in der gynäkologischen Praxis hat in den letzten zwanzig Jahren ein solches Auf und Ab erlebt wie die Hormonersatztherapie.
Um die Jahrtausendwende führte die sogenannte WHI-Studie¹ zu einem massiven Einbruch der Verordnungszahlen von HETs. Die großangelegte Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da es zu vermehrten Komplikationen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei den Studienteilnehmerinnen kam, ebenso war die Häufigkeit von Mammakarzinomen erhöht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Patientinnen-Kollektiv bezüglich Alter und Vorerkrankungen nicht adäquat gewählt worden war.
In den Folgejahren nahm die Verordnungsfrequenz langsam wieder zu, nachdem innerhalb der Fachwelt wieder mehr Augenmerk auf den möglichen Benefit einer HET gelegt wurde, unter anderem Erhöhung der Knochendichte, möglicherweise protektive Wirksamkeit gegen Dickdarmkrebs, hohe Effektivität bei vasomotorischen Beschwerden.
Im Lancet wurde im August 2019 eine Metaanalyse² publiziert: 108.647 teilnehmende Frauen aus 58 Studien, die im mittleren Alter von 65 ± 7 Jahren an Brustkrebs erkrankt waren und zu 51 Prozent eine HET angewandt hatten. Diese wurde im Alter von 50 ± 6 Jahren nach der Menopause begonnen, die Dauer betrug 10 ± 6 Jahre bei den aktuellen und 7 ± 6 Jahren bei den früheren Anwenderinnen.³
Die DGGG hat zur Lancet-Studie eine Stellungnahme mit Ergebnissen und Konsequenzen für die Praxis in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitung Frauenarzt veröffentlicht:³
Das Ergebnis wurde folgendermaßen zusammengefasst: Unter Patientinnen mit einem durchschnittlichen Körpergewicht , die nach der Menopause im Alter von 50 Jahren mit einer HET begannen und diese 5 Jahre lang fortsetzten, erkrankte eine Patientin bis zum Alter von 69 Jahren zusätzlichen an einem Mammakarzinom bezogen auf 50 Anwenderinnen (Östrogen plus täglich Gestagen).
Bei intermittierender Gestagengabe handelte es sich um einen Fall auf 70 Anwenderinnen und bei ausschließlicher Östrogengabe (nur nach Hysterektomie möglich) war es ein Fall auf 200 Anwenderinnen. Bei einer HET Dauer von 10 Jahren wäre die Zahl zusätzlicher Brustkrebsfälle jeweils doppelt so hoch.
Die Ergebnisse zeigten auch, dass bereits eine 1- bis 4 - jährige Anwendungsdauer das Risiko erhöht, ebenso wie eine bestehende Adipositas. Bei letzterer ist von sich aus schon eine Risikoerhöhung vorhanden, die durch eine Östrogen-Gestagen-Gabe noch verstärkt wird, durch alleinige Östrogengabe jedoch nicht.³
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Fazit
Literaturangaben:
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