Schöne Zähne für wenig Geld. Dafür fährt man in Österreich gerne nach Ungarn. Auch in Deutschland setzt sich der Trend langsam durch. Doch der Schuss kann nach hinten losgehen.
Während Deutschlands Kliniken seit Jahren vom Medizintourismus profitieren, gehen heimische Patienten oft den entgegengesetzten Weg. Sie reisen dann gern Richtung Osten, vor allem, wenn es um ihr Gebiss geht. Ungarn ist ein besonders beliebtes Ziel, um sich die Zähne richten zu lassen. Schon seit Jahrzehnten ist das Land aufgrund der Nähe zu Österreich besonders bei Österreichern beliebt. So langsam kommen aber auch die deutschen Patienten auf den Geschmack.
Bei zahnmedizinischen Behandlungen geht es Patienten einzig und allein darum, Geld zu sparen. Statista zufolge haben knapp 15 Prozent aller Teilnehmer einer Umfrage Therapien in den letzten drei Jahren aus Kostengründen verschoben, und zirka 20 Prozent könnten sich vorstellen, zu Zahnärzten ins Ausland zu gehen.
Dazu ein paar Eckdaten. Das Portal implantate.com nennt als Kosten für Einzelimplantate in Deutschland 1.950 bis 2.400 Euro. Im weltweiten Vergleich liegen laut Statista vor allem Singapur (2.700 Euro) und die USA (2.700 Euro) darüber. Thailand (1.720 Euro), die Türkei (1.100 Euro), Polen (925 Euro), Mexiko (900 Euro) und etliche andere Regionen bieten Leistungen deutlich preisgünstiger an. Doch die Vergleichbarkeit der Leistungen ist oft recht eingeschränkt.
Bessere Zahlen liefert die Studie „Medizintourismus in Ungarn“ von FirstMed Services. Zwischen 2009 und 2019 haben Marktforscher 4.200 Medizintouristen kontaktiert. Von ihnen schickten 2.550 Patienten den Fragebogen zurück.
© FirstMed Services
Ganz klar: Bei den Entscheidungsgründen stehen preisgünstige Angebote an erster Stelle. Nach Berücksichtigung aller Reise- und Übernachtungskosten sparte jeder Medizintourist bei seiner Zahnbehandlung in Ungarn 2010 durchschnittlich 6.301 Euro, 2013 waren es 7.128 Euro, und 2018 sogar 7.242 Euro. Alles in allem zahle man die Hälfte der Kosten, die sie Heimatland für die gleiche Behandlung berappt hätten. Dabei gilt: Je komplexer die Zahnbehandlung, desto höher die Ersparnis.
„Neu ist, dass sich viele Patienten wegen der Qualität für eine Zahnbehandlung in Ungarn entscheiden. Laut unserer Erhebung meint knapp ein Drittel (28 Prozent) der Befragten, dass die Versorgung in Ungarn qualitativ besser ist“, sagt Eszter Jopp von FirstMed Services in einer Meldung. Unklar bleibt an dieser Stelle, wo es – vermeintliche oder tatsächliche – Defizite bei der heimischen Versorgung liegen. Gleichzeitig verlor das Thema, schwer Termine beim Zahnarzt zu bekommen, an Bedeutung.
Von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) kommen deutlich kritischere Töne: „Deutsche Preise für Zahnersatz liegen etwa im Mittelfeld der EU-Länder – auf den ersten Blick preisgünstigere Alternativen lassen sich also finden“, schreibt der Verband. „Doch sollten Sie genau kalkulieren, um nicht am Ende feststellen zu müssen, dass sich das "Schnäppchen" teurer als gedacht herausstellt.“ Zu den Hintergründen:
DocCheck fragte bei mehreren Zahnärzten nach. Viele wollten sich zum Thema nicht äußern. Ein Kollege mit eigener Praxis bei München, er ist der Redaktion bekannt, nimmt jedoch kein Blatt vor den Mund. „Die Sache ist nicht einfach, denn sowohl Patienten als auch Zahnärzte bekleckern sich nicht unbedingt mit Ruhm“, lautet seine Einschätzung. „Ich habe Versicherte erlebt, die um jeden Cent feilschen und nachher Rechnungen nicht begleichen“, berichtet er. „Ich kenne aber auch Kollegen, die das maximal Mögliche bei Implantaten herausholen – mit dem 3,5-fachen Satz der GOZ, obwohl dies medizinisch nicht gerechtfertigt ist.“
Er selbst versucht, Kosten gering zu halten, indem er mit einem zahntechnischen Labor in Polen kooperiert. Verschiedene Finanzierungsmodelle werden ebenfalls angeboten.
Auf den Zahnmedizin-Tourismus angesprochen, äußert sich der Kollege vorsichtig: „Es gibt gerade in Ungarn hervorragende Praxen. Ich habe aber auch schon erlebt, dass es bei Implantaten zu Problemen kommt. Und dann reist kein Patient erneut hunderte Kilometer – sondern geht zum heimischen Zahnarzt oder Kieferchirurgen.“ Und genau dann komme es erneut zur Diskussion um Honorare.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Haben euch Patienten schon mal etwas dazu erzählt? Oder wurden euch Fragen in der Sprechstunde gestellt? Schreibt mehr in den Kommentaren.
Bildquelle: Hana Lopez / Unsplash