Es besteht ein funktioneller Zusammenhang zwischen epigenetischen Veränderungen und dem Depressions-Risikofaktor FKBP51. Zukünftig könnte es daher möglich sein, mit pharmazeutisch abgestimmten Behandlungen die biologischen Ursachen der Krankheit spezifisch anzugehen.
Stress ist ein Risikofaktor für Depressionen. Eine erhebliche Zahl von Komponenten des Stress-Hormon-Systems wurde bereits in Zusammenhang mit erhöhter Erkrankungswahrscheinlichkeit und unterschiedlichem Behandlungserfolg gebracht. Eine dieser Komponenten ist das Protein FKBP51, das in der Lage ist, die Affinität von Stresshormonen zu ihren Rezeptoren zu beeinflussen. FKBP51 ist ein gängiger Risikofaktor für stressbedingte Erkrankungen. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass das Protein den Behandlungserfolg von Antidepressiva beeinflusst und dass ein Zusammenhang mit erneut auftretenden depressiven Episoden besteht. Eine erfolgreiche Behandlung mit Antidepressiva setzt eine Wiederherstellung des Stresshormonhaushalts voraus, was wiederum von FKBP51 beeinflusst wird. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben nun einen neuen Wirkungsmechanismus dieser Medikamente bei stressbedingten Erkrankungen identifiziert.
Nachgewiesenermaßen kann sich Stress langfristig auf unseren Körper auswirken, indem es das Epigenom beeinträchtigt. Stress kann sich auf den epigenetischen Code eines Genes auswirken, was wiederum die Genaktivität verändern kann. Diese dauerhafte Änderung kann die Entwicklung von depressiven Symptomen hervorrufen. In der Studie, so beschreibt der Wissenschaftler Theo Rein, „haben wir den Mechanismus, mit welchem FKBP51 das epigenetische Enzym DNMT1 moduliert, untersucht. Wir sind der Frage nachgegangen, inwieweit die Interaktion zwischen beiden Faktoren den Behandlungserfolg von depressiven Patienten mit Antidepressiva beeinflusst“. Die Wissenschaftler gingen den Hinweisen nach einer funktionellen Verknüpfung zwischen FKBP51 und dem epigenetischen Enzym DNMT1 in Zellkulturlinien, Mäusen und Menschen nach. Dabei entdeckten sie, dass FKBP51 in der Tat stressbedingte epigenetische Veränderungen hervorruft. FKBP51 wirkte sich auf die enzymatische Aktivität von DMNT1 aus, was wiederum die allgemeine epigenetische Ordnung beeinträchtigte. „Am interessantesten war der Befund, dass das Antidepressivum Paroxetin die DMNT1-Aktivität nur in Anwesenheit von FKBP51 herabsetzte“, sagt Erstautor Nils Gassen. Originalpublikation: Chaperoning epigenetics: FKBProtein51 decreases the activity of DNMT1 and mediates epigenetic effects of the antidepressant paroxetine. Nils C. Gassen et al.; Science Signaling, doi: 10.1126/scisignal.aac7695; 2015