Mithilfe einer neuen hochauflösenden Methode kann die Wechselwirkung eines Rezeptors mit zwei Liganden gleichzeitig präzise gemessen werden. Diese Technik basiert auf der Rasterkraftmikroskopie und könnte zukünftig in der Wirkstoffforschung eingesetzt werden.
Um Signalwege in Organismen zu verstehen, müssen Forscher die Funktion einer Vielzahl verschiedener Rezeptoren in der Zellmembran entschlüsseln. Dies wird dadurch erschwert, dass die Rezeptoren ungleichmäßig verteilt sind und oft mehr als eine Sorte von Liganden binden können. Außerdem kann ein Rezeptor denselben Liganden stark, schwach oder gar nicht binden. Eine neue hochauflösende Methode, mit der man erstmals die Wechselwirkung eines Rezeptors mit zwei Liganden gleichzeitig präzise messen kann, hat eine internationale Forschergruppe um Daniel Müller entwickelt.
Wie die Forscher berichten, verwendeten sie eine Variante der Rasterkraftmikroskopie. Bei dieser Methode wird die Oberfläche mit einer extrem feinen Spitze abgetastet und dabei die Kräfte zwischen der Spitze und einzelnen Molekülen der Oberfläche gemessen. Bei biologischen Proben wurde die Spitze mit einem Liganden beschichtet, so dass man dessen Wechselwirkung mit Proteinen auf der Probenoberfläche messen konnte. Doch bisher war es nicht möglich, einzelne Rezeptoren in einer Membran abzubilden und gleichzeitig ihre Wechselwirkung mit mehr als einem Liganden zu messen. Mithilfe der hochauflösenden Rastersonden-Mikroskopie lassen sich zwei unabhängige Ligand-Bindungsstellen von humanen Rezeptoren in der nativen Membran identifizieren und quantifizieren. © Universität Frankfurt Die Forscher fanden eine Lösung, indem sie die Mikroskopspitze mit zwei verschiedenen Liganden beschichteten, die beide an den zu untersuchenden Rezeptor gebunden haben. Als Probe untersuchten sie den G-Protein-gekoppelten Rezeptor PAR1. Dieser gehört zu einer großen Familie von Rezeptoren, die Antworten der Zelle auf Hormone oder Neurotransmitter vermitteln. In der Zellmembran bestehen sie nebeneinander in mehreren Zuständen und können verschiedene Liganden unterschiedlich stark binden. Der Rezeptor PAR1 wird durch ein Enzym aktiviert, welches bei der Blutgerinnung, Entzündungsreaktionen und möglicherweise auch Reparaturmechanismen für das Gewebe eine Rolle spielt.
In dem Versuch tasteten die Forscher nun die Probe ab und variierten dabei den Abstand der Mikroskop-Spitze. Kommt ein Ligand in die Nähe des zugehörigen Rezeptors, bindet er. Dadurch wird eine messbare Anziehungskraft auf die Spitze des Mikroskops augeübt. Die neue Technik könnte zukünftig für die Wirkstoff-Forschung eingesetzt werden, da die meisten der verschriebenen Arzneimittel diese G-Protein gekoppelten Rezeptoren angreifen. Originalpublikation: Identifying and quantifying two ligand-binding sites while imaging native human membrane receptors by AFM Moritz Pfreundschuh et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms9857; 2015