Es war in meiner Militärzeit (vor etwa 50 Jahren). Damals wurden leichte Erkrankungen wie Erkältungen, Durchfall, leichte Sportverletzungen,Tripper und
Gastritis (oft alkoholbedingt) im Kranenrevier stationär behandelt.
Am Freitagnachmittag kam ein 20-jähriger Soldat mit Magenschmerzen
ins Revier. Die Untersuchung ergab : Druckschmerz im epigastrischen Winkel, keine Abwehrspannung, stark weißlich belegte Zunge, sonst guter Allgemeinzustand. Die Anamnese war unauffällig. Ein damals anwesender
Pflichtassistent untersuchte den Patienten ebenfalls und wir waren beide der Meinung: akute Gastritis.
Die damals übliche Behandlung erfolgte mit Bettruhe, Schonkost, Kamillentee-Rollkur und Buscopan.
Am nächsten Morgen rief mich der Chefarzt de Chirurgischen Abteilung des Lazarettes an und teilte mir mit, der Patient sei verstorben.
In der Nacht hatte der Soldat heftige Bauchschmerzen bekommen und zeigte eine brettharte Bauchdeckenspannung. Er wurde sofort in
das nahegelegene Lazarett verlegt und unter dem Verdacht der Magenperforation noch in der Nacht operiert. Zwischenzeitlich kamen
die ermittelten Laborwerte : der Blutzucker lag über
1000 (eintausend !)mg/dl ! Der Patient erwachte nicht mehr aus der Narkose. Der Bauchraum war o.B.
Ich hatte weder während des Studiums noch später gehört, daß ein akuter Diabetes mit einem akuten Abdomen einhergehen kann.
Seitdem habe ich bei jedem unklaren Bauchbefund Urin- oder Blutzucker
bestimmen lassen.
Schlimm war auch, den Eltern zu erklären, daß ihr gesunder Sohn beim
Militär an einer solchen Krankheit verstorben ist.
Im Nachgang haben mir seine Kameraden erzählt, daß er viel Durst hatte und viel Wasser getrunken hat. Aber wer fragt schon bei einer normalen
Anamnese nach Durst ?
Also bitte, auch an so etwas denken.
W.G.