Kurz vor dem Jahreswechsel setzten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband endlich einen Schlusspunkt unter die jahrelang diskutierte EBM-Reform. Was ändert sich für Praxisärzte?
Zum 1. April 2020 tritt endlich ein neuer einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) für Vertragsärzte in Kraft. Der Beschluss zur Weiterentwicklung des EBM wurde schon 2012 gefasst und seitdem immer wieder verschoben und hinausgezögert – zuletzt Ende 2018, weil beide Seiten das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) abwarten wollten. „Wir können nicht einen neuen EBM beschließen, der im nächsten Jahr abermals angepasst werden muss“, begründete die KBV damals die Entscheidung.
Nun, fast acht Jahre nach dem Beschluss, ist die EBM-Reform in trockenen Tüchern. Zufrieden können wir niedergelassenen Ärzte damit aber noch nicht sein. Denn die Reform musste – auch das war 2012 beschlossen worden – punktsummenneutral ausfallen.
Das bedeutet, dass ein Mehr an ärztlichen Leistungen nicht zu einer Erhöhung der Gesamtpunktmenge führen durfte. Nur zukünftige Veränderungen im Leistungsbedarf durch Morbidität und Demografie sollen sich auf das Honorar auswirken.
In anderen Worten: Die Kassen wollten auf keinen Fall zusätzliches Geld locker machen. Die EBM-Reform besteht also im Wesentlichen aus einer Umverteilung zwischen technischen Leistungen der Apparate-Medizin einerseits und nicht-technischen Leistungen der sprechenden Medizin andererseits. Diese Forderung, die sprechende Medizin aufzuwerten, stammt aus dem TSVG.
Dafür wurde die betriebswirtschaftliche Kalkulationsgrundlage für die Bewertung aller Leistungen angepasst. Der kalkulatorische Arztlohn wurde von 105.571,80 Euro auf 117.060 Euro erhöht. Auch die Praxiskosten wurden aktualisiert.
Eine weitere Reformbaustelle waren die Kalkulationszeiten. Sie wurden im Schnitt um 30 Prozent gesenkt. Denn die gesamte abgerechnete Kalkulationszeit lag in etwa doppelt so hoch wie die tatsächliche Jahresarbeitszeit der niedergelassenen Ärzte. Das sprach dafür, dass die Kalkulationszeiten teilweise schlicht zu hoch angesetzt waren.
Leistungen mit einer festen Taktung wurden nicht angepasst. Die kürzeren Kalkulationszeiten wirken sich zwar auf die Vergütung der einzelnen Leistung aus, aber das Gesamthonorarvolumen bleibt unberührt.
Für die meisten niedergelassenen Ärzte ist die aktuelle EBM-Reform eher ein Nullsummenspiel.
sind zum Beispiel:
Gespräch, Beratung, Erörterung, Abklärung (GOP 14220, 16220, 21220)
154 Punkte
Individueller Arztbrief (GOP 01601)
108 Punkte
Problemorientiertes ärztliches Gespräch (GOP 03230, 04230)
128 Punkte
Verweilen außerhalb der Praxis (GOP 01440)
352 Punkte
Videofallkonferenz (GOP 01442)
86 Punkte
durch geringere Kalkulationszeiten sind zum Beispiel:
Ambulante Betreuung 2 Stunden (GOP 01510)
443 Punkte
Ambulante Betreuung 4 Stunden (GOP 01511)
872 Punkte
Ambulante Betreuung 6 Stunden (GOP 01512)
1299 Punkte
Tipps, wie Sie die sprechende Medizin und Hausbesuche nach EBM und GOÄ am Besten abrechnen, gibt es hier:
Abgeschlossen ist die EBM-Reform aber noch nicht, denn gleich mehrere kritische Punkte wurden aus der Verhandlungsmasse herausgenommen. Über sie wird in diesem Jahr separat verhandelt.
Ein solches Beispiel sind die Hausbesuche. Im Zuge der Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und KBV kam es zum Streit um ihre Vergütung. Die Kassen wollten die Aufwertung der Hausbesuche kostenneutral finanzieren – also das Geld dafür von anderen Budgets abzweigen.
Die KBV zog eine rote Linie. Eine Abwertung der Versichertenpauschalen wollten die niedergelassenen Ärzte auf keinen Fall hinnehmen. Der GKV-Spitzenverband zog die Forderung schließlich zurück. Die Verhandlungen darüber wurden auf Anfang 2020 vertagt.
Dann müssen Ärzte und Kassen sich auch noch über eine Reihe anderer Themen einig werden:
Sie alle wären unter dem GKV-Credo der Punktsummenneutralität nicht zu machen. Ob die Kassen-Verhandler über die Feiertage in sich gegangen und demütiger geworden sind? Wir bezweifeln es.
Der Verband der niedergelassenen Ärzte (Virchowbund) kämpft dafür, die Budgetierung zu beenden, die ärztliche Selbstverwaltung zu stärken und die Freiberuflichkeit zu erhalten. Erfahren Sie hier, was berufspolitische Arbeit für Praxis-Ärzte verändert und warum es sich für Sie lohnt.
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