24. Januar 2020: China schottet betroffene Regionen ab. Es gibt erste Verdachtsfälle in Großbritannien. Schlangen als möglicher Wirt ausgemacht, aber umstritten. Ärzte sollten wachsam sein.
Wie The Guardian gestern Abend meldete, wurden nun vierzehn Verdachtsfälle in Großbritanien gemeldet und die Betroffenen auf das Coronavirus hin untersucht. Die ersten fünf Patienten wurden bereits negativ getestet, die restlichen Ergebnisse stehen noch aus. Auch in Schottland wurden fünf Verdachtsfälle bekannt gegeben. Alle betroffenen Personen in Schottland waren zuvor aus der chinesischen Metropole Wuhan eingereist (Stand: 24.01.2020, 12:30 Uhr).
Trotz der steigenden Erkrankungszahlen, chinesische Behörden nennen derzeit 830 Infektionen mit Corona-Viren und 26 Todesfälle, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bislang keine „gesundheitlichen Notlage mit internationaler Tragweite“ (Public Health Emergency of International Concern – PHEIC) ausgerufen. Darunter ist ein „außerordentliches Ereignis“ zu verstehen, das „eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit in anderen Ländern infolge einer grenzüberschreitenden Ausbreitung“ darstellt und „abgestimmte internationale Gegenmaßnahmen“ unumgänglich macht. Sollte sich die Einschätzung dennoch ändern, würden vor allem zwei Maßnahmen in Kraft treten:
Von tausenden Ereignissen wurde, seit Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung im Jahr 2005, lediglich bei fünf ein PHEIC ausgerufen. So geschehen bei Influenza A(H1N1)pdm09 (April 2009), Poliomyelitis (Mai 2014), Ebolafieber (August 2014), Zikavirus (Februar 2016) und Ebolafieber (Juli 2019).
In der Zwischenzeit setzt China seinen eigenen Weg fort. In der am meisten betroffenen Stadt Wuhan soll nun im Eiltempo ein zusätzliches Krankenhaus mit einer Kapazität von weiteren tausend Betten entstehen. Staatsmedien berichten von einer Fertigstellung schon Anfang nächster Woche.
Nachdem die Behörden bereits die Elf-Millionen-Einwohner-Stadt Wuhan unter Quarantäne gestellt hatten, folgen nun die benachbarten Städte Huanggang (sieben Millionen Einwohner) und Ezhou (eine Million Einwohner). „Mit einer starken Maßnahme werden sie nicht nur den Ausbruch in ihrem Land kontrollieren, sondern auch die Chancen einer internationalen Ausbreitung dieses Ausbruchs minimieren“, lobte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus das Vorgehen der Behörden. Er betont aber gleichzeitig, dass noch viel Wissen über das Virus fehle.
Zwei kürzlich publizierte Fachartikel liefern dazu neue Erkenntnisse. Wissenschaftler der Peking University Health Science Center School of Basic Medical Sciences berichten über Ergebnisse von Sequenzierungen des Virus 2019-nCoV; untersucht wurden fünf Proben. Anschließend verglichen sie das Erbgut mit 217 bekannten Viren. Aufgrund von Ähnlichkeiten halten sie Schlangen für die wahrscheinlichsten Träger. Andere Experten zweifeln daran.
Kurz zuvor hatte eine Arbeitsgruppe von der Chinese Academy of Sciences, Shanghai, ähnliche Untersuchungen durchgeführt. Sie sehen, wie vielfach vermutet, Fledermäuse als die natürlichen Wirte an. Als Infektionsquelle wird ein Lebensmittelmarkt in Wuhan vermutet. „Es ist bekannt, dass auf dem Markt lebende wilde Tiere und Nutztiere verkauft werden, darunter Murmeltiere, Vögel, Kaninchen, Fledermäuse und Schlangen“, heißt es im New Scientist. Vielleicht kam es zur Kombination verschiedener Gene?
Der Erkenntnisgewinn für die Anwendung ist aber noch gering. Was sollten Ärzte jetzt wissen? „Wir müssen damit rechnen, dass es auch in Deutschland zu eingeschleppten Einzelfällen kommen wird“, sagt Prof. Bernd Salzberger, Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.
Auf diese Situation bereiten sich Kliniken – und speziell die infektiologischen Abteilungen – jetzt vor. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat bereits ein Ablaufschema mit Verdachtsabklärung, Diagnostik, Hygienemaßnahmen, Patientenisolierung sowie Behandlung veröffentlicht.
Da allein wird nicht reichen. „Wichtig ist jetzt vor allem, Ärzte und medizinisches Personal in Kliniken und Praxen für das Thema zu sensibilisieren, damit Verdachtsfälle schnell identifiziert werden“, ergänzt Prof. Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie am Universitätsklinikum Essen.
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