Rezeptzuweisungen sind nicht generell verboten, stellten Richter aus Dessau-Roßlau fest. Sie argumentieren, um gebrechliche Patienten optimal zu versorgen, sollte es keine regionalen Strukturen mehr geben. Ihr Urteil ist als Einzelfall-Entscheidung zu bewerten.
Wie kommen ältere Menschen an Arzneimittel? „Als die Apotheke im Ort geschlossen wurde, haben wir mit hnw die Versorgung realisiert“, schrieb ein Arzt im Praxisflyer. Health Network (hnw) vernetzt Dienstleister im Gesundheitswesen miteinander, um Ressourcen besser zu verzahnen. „Zeitgleich mit dem Ausstellen des Rezepts in der Praxis erscheint dieses digital in der zehn Kilometer entfernten Apotheke, die unsere Patienten umgehend beliefert“, hieß es weiter. Das gefiel nicht allen Akteuren.
Die Wettbewerbszentrale schaltete sich ein. Sie leitete Unterlassungsansprüche daraus ab, dass der Mediziner Patienten ohne aus ihrer Sicht hinreichenden Grund eine bestimmte Apotheke empfehle. Das sah der gescholtene Arzt anders. Er wies darauf hin, Zuweisungen erfolgten nur auf ausdrücklichen Wunsch – und nach Unterzeichnung einer Einwilligung. Ansonsten gebe es wie üblich Rezepte in Papierform. Wettbewerbshüter hatten von generellen Zuweisungen gesprochen: eine Pattsituation.
Schließlich war das Landgericht Dessau-Roßlau am Zug (Az.: 3 O 22/15). Richter fanden keine Anhaltspunkte für berufsrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Verstöße, was teilweise an fehlenden Beweisen lag. Wettbewerbshüter konnten sich lediglich auf einen Praxisflyer berufen. Die Aussagen im Pamphlet seien zu allgemein gehalten, um daraus generelle Zuweisungen abzuleiten, wie dem Arzt vorgeworfen wurde. Unterstützt er Patienten, indem er mit deren Zustimmung Rezepte vermittelt, liegt auch keine unzulässige Handlung vor. Richtern zufolge sei es „lebensfremd und praxisfern“, falls gerade ältere Menschen mit regelmäßigen Verordnungen immer wieder darum bitten müssten, das Rezept einer Apotheke zu übertragen.
Damit nicht genug: Der Arzt machte im Prozess deutlich, er habe vor allem Menschen mit eingeschränkter Mobilität angeboten, Verordnungen an besagte Apotheke weiterzuleiten. Andere Patienten seien zur weiter entfernt liegende Apotheken gegangen, um Präparate selbst abzuholen. Die Klägerin konnte ihre Vermutung, es gebe wirtschaftliche Vorteile durch Zuweisungen, nicht belegen. Trotz dieser recht deutlichen Ausführung haben Wettbewerbshüter Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegt. Fortsetzung folgt.