Nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen kommt es zu Ischämien. In der Folge verdichtet sich die DNA in betroffenen Genregionen. Die Gene in diesen Bereichen können somit nicht mehr richtig ausgelesen werden. Wird die Blutversorgung nicht wieder hergestellt, sterben die Zellen ab.
Wenn ein Mensch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, führt es dazu, dass die Zellen dort mit Sauerstoff und Nährstoffen unterversorgt sind. Diese Ischämie kann zu langfristigen, irreparablen Schäden führen. Ina Kirmes, Doktorandin in der Gruppe von Dr. George Reid am Institut für Molekulare Biologie (IMB), hat untersucht, was genau mit der DNA in diesen Zellen passiert, die von der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abgeschnitten sind. In einer gesunden Zelle sind große Teile der DNA offen zugänglich. Gene können einfach abgelesen werden, sodass die Zellen normal funktionieren. Forscher am IMB konnten jetzt zeigen, dass sich während einer Ischämie die Anordnung der DNA dramatisch verändert: Die DNA verdichtet sich. Die Gene in solchen kompakten Regionen können von der Zelle nicht mehr ausgelesen werden, ihre Aktivität ist damit stark reduziert. Falls die Blutversorgung nicht wieder hergestellt wird, fährt die Zelle schließlich ihren Betrieb herunter oder stirbt sogar. Dramatische Effekte der Ischämie. Die Bilder zeigen DNA in einem Zellkern unter normalen (links) und ischämischen (recht) Bedingungen. Die am IMB entwickelte neue Technik für superauflösende Mikroskopie zeigt, dass sich die DNA zu ungewöhnlichen, engen Haufen verdichtet, wenn die Zellen nicht mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt sind. © A. Szczurek & I. Kirmes Wenn beispielsweise die Zellen im Herzen eines Menschen nicht mehr richtig funktionieren, hört dieser Teil des Herzmuskels auf, sich zusammenzuziehen, und das Herz versagt. Ganz ähnlich verhält es sich im Gehirn: Ist die Blutzufuhr zu Zellen unterbrochen und damit auch die Zufuhr von Nährstoffen, so sterben die Nervenzellen ab. „Bei einem Schlaganfall und/oder bei einem Herzinfarkt passiert wahrscheinlich genau dies mit der DNA“, erklärt Dr. Reid. „Da wir jetzt wissen, was [in der Zelle] geschieht, können wir nach Wegen suchen, dieser Verdichtung der DNA vorzubeugen.“ Neue Mikroskopietechnik bietet bisher unerreichte Detailtiefe in der Beobachtung einer Zelle. Das Bild der DNA einer Zelle, aufgenommen mit der am IMB entwickelten neuen superauflösenden Mikroskopietechnik, zeigt die DNA in scharfen Details (links). Im Gegensatz dazu ist das herkömmliche Mikroskopiebild verschwommen und macht eine Darstellung der auffälligen Veränderungen in der DNA, die von den Forschern am IMB entdeckt wurden, unmöglich (rechts). © A. Szczurek & I. Kirmes Die Forscher nutzten zusammen mit Aleksander Szczurek, gemeinsam mit Ina Kirmes Erstautor der Studie, der in der Gruppe von Prof. Dr. Christoph Cremer am IMB tätig ist, eine neue Methode, mit der die DNA in der Zelle in bisher unerreichter Genauigkeit dargestellt werden kann, eine Weiterentwicklung der „superauflösenden Lichtmikroskopie“. Hierbei werden blinkende Farbstoffe eingesetzt, die an die DNA binden und es somit den Forschern ermöglichen, die Lage von einzelnen Molekülen in Zellen nachzuverfolgen. Originalpublikationen: A transient ischemic environment induces reversible compaction of chromatinIna Kirmes et al.; Genome Biology, doi: 10.1186/s13059-015-0802-2; 2015 Localization microscopy of DNA in situ using Vybrant® DyeCycle™ Violet fluorescent probe: A new approach to study nuclear nanostructure at single molecule resolutionDominika Żurek-Biesiada et al.; Experimental Cell Research, doi: 10.1016/j.yexcr.2015.08.020; 2015