7. Februar 2020: Kritiker machen das chinesische System für die Corona-Krise verantwortlich. Der Arzt, der als erster vor dem neuartigen Virus warnte, ist tot. Die Zahl der Ansteckungen scheint rückläufig.
Bei den aktuellen Zahlen zu Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus 2019-nCoV gibt es gute und schlechte Neuigkeiten. Die gute ist, dass heute bereits der zweite Tag in Folge ist, an dem nicht mehr Neuinfektionen als am Vortag gemeldet wurden (Stand: 07.02.2020, 9:45 Uhr). Das lässt aufatmen, doch ein Trend muss es nicht sein, gibt der Merkur zu bedenken: Da die Statistiken laufend aktualisiert werden, könnten die Zahlen starken Schwankungen unterlegen sein.
Die schlechte Nachricht ist, dass die Zahl der Todesopfer über Nacht weiter angestiegen ist. Während es gestern noch 565 Tote waren, sind es heute schon knapp 100 mehr – aktuell sind es 638, über 31.400 weitere Menschen sind infiziert (Stand: 07.02.2020, 9:50 Uhr).
Eine weitere traurige Neuigkeit mit starkem Symbolcharakter wurde gestern Abend bekannt: Li Wenliang, der Arzt, der als erster vor dem neuen Virus warnte, ist verstorben (DocCheck berichtete). Laut BBC infizierte er sich während seiner Arbeit im Krankenhaus von Wuhan mit dem Coronavirus.
In seiner Analyse der Situation beschreibt BBC-Reporter Stephen McDonell, derzeit in Beijing, Lis Tod als „episches politisches Desaster“. Damit ist er nicht allein: Der Regierungskritiker und Soziologe Wu Qiang sieht in der momentanen Lage ein großes Versagen des chinesischen Systems und seines Anführers, Partei- und Staatschef Xi Jinping. „Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung lässt Zweifel an seiner persönlichen Führungsstärke aufkommen“, fasst Wu im Gespräch mit RBB-Korrespondent Axel Dorloff zusammen.
Das System sei unter der bürokratischen Tyrannei regelrecht kollabiert, meint auch Prof. Xu Zhangrun von der Tsinghua Universität. Die extrem repressive Politik Chinas habe dazu beigetragen, dass nicht rechtezeitig und umfassend genug über den Krankheitsausbruch informiert wurde. Das zeige sich symptomatisch im Umgang mit Whistleblowern wie Li. Er und einige Kollegen waren wegen seiner Warnung vor dem Virus verhaftet und bedrängt worden.
Es gibt auch Neues zum Virus selbst. Ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat herausgefunden, dass 2019-nCoV vermutlich äußerst hartnäckig ist: Bis zu neun Tage soll das Virus auf Oberflächen infektiös bleiben. Für ihre Arbeit nutzten die Wissenschaftler bereits vorliegende Studien zu SARS- und MERS-Coronaviridae. Außerdem führten sie eigene Tests mit verschiedenen Desinfektionsmitteln durch.
Außerdem arbeiten Braunschweiger Forscher an einer Erweiterung ihrer App SORMAS (Surveillance, Outbreak Response Management and Analysis System). Die Implementierung eines neuen Moduls zum Coronavirus soll die Seuchenüberwachung erleichtern und verbessern, heißt es in einer Pressemitteilung des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung.
Unterdessen warnen Experten: Bereits bestehende Lieferengpässe könnten sich zusätzlich verschärfen. Es seien zwar nur wenige Pharmahersteller in Wuhan und Umgebung angesiedelt. „Doch in dieser Woche schränkten die Behörden auch die Bewegungsfreiheit von Millionen Menschen in der Provinz Zhejiang massiv ein. Und von dort stammen tatsächlich viele Arzneimittel, die weltweit verkauft werden“, schreibt NDR-Korrespondent Christian Baars auf Tagesschau.de.
Wie es tatsächlich um die Produktion steht, bliebe aber unklar – denn die chinesischen Hersteller geben auf Anfrage nur sehr eingeschränkt Auskunft. Es ist nicht schwer, hier ein besorgniserregendes Muster im Umgang mit dem neuen Coronavirus zu erkennen.
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