13. Februar 2020: In China stieg die Zahl der Patienten über Nacht rasant an. Insgesamt ist die Unsicherheit groß. In Europa wurde sogar eine wichtige Messe abgesagt.
Die aktuelle Entwicklung beim neuartigen Coronavirus, jetzt SARS-CoV-2, gibt Anlass zur Verwunderung. Derzeit haben sich über 60.300 Menschen infiziert, 1.369 sind gestorben und über 6.000 bereits genesen (13. Februar, 9:30 Uhr). Kam es quasi über Nacht zu 15.000 neuen Erkrankungen?
Das darf bezweifelt werden. Vielmehr hat China seine Falldefinition verändert. Jetzt werden auch Patienten mit positivem Thorax-CT (DocCheck berichtete), aber ohne PCR-Diagnostik, in der Statistik aufgeführt.
China setzt in der Zwischenzeit weiter auf strikte Isolation. Mittlerweite leben in Hubei und in den Nachprovinzen rund 60 Millionen Menschen unter quarantäneähnlichen Bedingungen. „Für die Menschen in Wuhan stieg damit die Gefahr einer Infektion, für alle anderen, auch im Ausland, sank sie“, sagt Ian Lipkin gegenüber der FAZ. Er ist Direktor des Center for Infection and Immunity an der Columbia-Universität.
Ob die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus gegriffen haben, wird sich nach Lipkins Einschätzung in den kommenden zwei Wochen erweisen. Im besten Fall zeige sich ein „dramatischer Rückgang“ der Infektionen um den 24. oder 25. Februar. Man wird sehen.
Generell halten Lipkin und viele seiner Kollegen drei Szenarien für denkbar:
In allen Fällen handelt es sich um Hypothesen. „Die globale Entwicklung legt nahe, dass es zu einer weltweiten Ausbreitung des Virus im Sinne einer Pandemie kommen kann“, schreibt das Robert-Koch-Institut im gestern veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin. „Hiervon werden Länder mit geringen Ressourcen im Gesundheitssystem besonders stark betroffen sein.“ Aber auch in Ländern wie Deutschland könne dies zu einer hohen Belastung der medizinischen Versorgung führen. In dem Fall konzentriere sich der Schutz auf vulnerable Gruppen, die ein höheres Risiko für schwere Verläufe hätten.
So lange weder Impfstoffe noch Virustatika zur Verfügung stehen, bleibt Ärzten und Behörden nur, Neuinfektionen zu vermeiden. Laut Soumya Swaminathan, Expertin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), gebe es vier mögliche Wirkstoffkandidaten für eine Vakzine. Erste klinische Tests könnten in drei bis vier Monaten beginnen.
Bis dahin bleiben nur Hygiene und Quarantäne als Maßnahmen. Wie DocCheck berichtete, halten Experten nichts davon, die Körpertemperatur von Reisenden zu bestimmen. „Was nichts bringt, sind Fiebermessungen am Flughafen“, erklärte gestern auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Denn infizierte Menschen könnten völlig fieberfrei sein.
Eine vergleichsweise simple, aber wirkungsvolle Idee kommt vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge. Forscher schätzen, dass nur 20 Prozent aller Flugreisenden ihre Hände richtig mit Seife und Wasser waschen. Wer Türklinken oder Check-In-Automaten berührt, überträgt etwaige Infektionen. Auch bei SARS-CoV-2 sind Schmierinfektionen ein möglicher Weg.
Würde es gelingen, dass 60 Prozent aller Reisenden ihre Handhygiene verbessern, könnte die Verbreitung von Krankheiten um 69 % verlangsamt werden. Das geht aus mathematischen Simulationen hervor. Das wäre nur durch Informationskampagnen oder – wenig praktikabel – durch mehr Waschgelegenheiten auf allen Flughäfen zu erreichen.
Realistischer erscheint das Szenario, die zehn größten Drehscheiben im Luftverkehr besser auszustatten. Allein dadurch ließe sich Berechnungen zufolge die Ausbreitung von Erregern um 37 Prozent verlangsamen.
Die weltweit wichtigste Mobilfunkmesse MWC wurde aufgrund des Coronavirus jetzt abgesagt. Laut ZDF hatten zuvor bereits viele Konzerne bekanntgegeben, nicht teilzunehmen.
Dagegen hält Japan nach wie vor an den Olympischen Sommerspielen in diesem Jahr fest. „Ich möchte noch einmal klarstellen, dass eine Absage oder Verschiebung der Tokio-Spiele nicht erwogen wurden“, zitiert die Süddeutsche Zeitung den Chef des japanischen Olympischen Komitees, Yoshiro Mori.
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