Misoprostol, bekannt als Cytotec®, wird Off-Label zur Geburteneinleitung verwendet. Darüber findet momentan eine intensive mediale Debatte statt.
Misoprostol ist ein Prostaglandin-E1-Analogon, das in Deutschland zur Therapie von Magen- und Duodenalulzera zugelassen ist. Neben der Säurehemmung führt es allerdings auch zu Kontraktionen des Myometriums und zur Entspannung des Gebärmutterhalses. Deshalb findet es in der Geburtshilfe Off-Label-Anwendung zum einen in der Geburtseinleitung aber auch zum Schwangerschaftsabbruch.
Doch sind Einzelfälle von schweren Nebenwirkungen bekannt. Nach Recherchen des „Bayerischen Rundfunks“ und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) seien unter anderem schwere Hirnschäden beim Kind eingetreten, bei Müttern kam es zu Uterusrupturen. Mehrere Kinder in Deutschland und Frankreich seien gestorben. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lagen bis Ende Oktober 2019 insgesamt 74 Verdachtsmeldungen unerwünschter Nebenwirkungen vor.
Trotzdem wird die Anwendung unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter empfohlen. Gegenüber der SZ sagte Dr. Peter Husslein, Leiter der Universitäts-Frauenklinik in Wien, der Einsatz von Cytotec sei vor allem eine Kostenfrage. Dies sei „inakzeptabel und unethisch“. Durch die aggressivere Wirkweise von Misoprostol käme es zum Beispiel häufiger zu sogenannten Wehenstürmen, die beim Kind zu Sauerstoffmangel führen könnten.
Auch befürwortende Stimmen
Es gibt jedoch auch andere Meinungen. Diese weisen darauf hin, dass sich Misoprostol verglichen mit Prostaglandin E2 als effizienter erwies, wenn man die Rate der vaginalen Geburten beziehungsweise die Rate der verhinderten Kaiserschnitte als Erfolgsquote sieht. Außerdem sei es einfach zu verabreichen. Wolfgang Lütje, Chefarzt des Geburtszentrums am Ev. Amalie Sieveking Krankenhaus, sieht die Problematik nicht in der Substanz, sondern in der Anwendung. Dies gab er in einem Interview mit dem „Ärzteblatt“ an. Richtig angewandt sei Misoprostol eine sichere Option in der Geburtseinleitung.
Die Debatte um Misoprostol ist nicht neu und die Off-Label-Anwendung bleibt weiterhin umstritten.
Quellen: © Katrin Langhans / Süddeutsche Zeitung, Eva Achinger & Ann-Kathrin Wetter / BR, ÄrzteblattBild: chuttersnap, Unsplash