In der fünften Jahreszeit fragen Kunden unserer Apotheke besonders viel. Meistens: „Darf ich dazu auch was trinken?“ Aber auch die Pille danach und Mittel gegen Kater sind häufige Wünsche. Die drei wichtigsten Beratungsthemen an Karneval.
Wir sind schon mitten angekommen in der närrischen Zeit und damit auch bei den immer gleichen Fragen, die uns jedes Jahr von Feierwütigen gestellt werden. Ich habe mich an einer Übersicht versucht, die dabei helfen soll, diese Anliegen schneller zu beantworten.
Sinnvoll ist es auf jeden Fall, ganz grundsätzlich noch einmal an die Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Alkohol zu denken. Das gilt besonders für den Fall, dass plötzlich unerklärliche Gesundheitsprobleme auftreten, die der Patient in der Apotheke anspricht. Die Frage nach einer Karnevalsfeier am Tag zuvor könnte hier so einiges erklären.
Damit ist sie schon raus, die am häufigsten gestellte Frage: „Darf ich dazu auch was trinken?“ Da wartet man das ganze Jahr, um mal richtig feiern zu können und – zack – ist man erkältet. Dass hier Frust aufkommen kann, ist durchaus verständlich. Daher ist den Kunden mit der pauschalen Aussage, dass am besten niemals Alkohol getrunken wird, wenn man Medikamente nehmen muss, nicht geholfen. Auch wenn sie so gut wie jedem von uns direkt auf der Zunge liegt.
Besser ist es, zu erklären, wieso es bei bestimmten Medikamenten keine gute Idee ist, sie gemeinsam mit Alkohol zu konsumieren. So entwickelt der Kunde ein Bewusstsein dafür, was genau im Körper dabei passiert. Es ist an dieser Stelle wenig sinnvoll, mit erhobenem Zeigefinger zu argumentieren oder zu viele Fachbegriffe wie Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, Metabolismus oder gar CYP450 und CYP2E1 zu erwähnen.
Der Kunde sollte aber wissen, dass Alkohol, wie eben auch viele Medikamente, über die Leber verstoffwechselt und abgebaut werden. Ist die Leber also mit dem Abbau von Alkohol beschäftigt, kann sie sich nicht adäquat und schnell um den Abbau der Medikamente kümmern. Dadurch verbleiben diese länger im Körper als üblich und können verstärkt Nebenwirkungen hervorrufen.
Genau so gilt das übrigens auch umgekehrt: Ist die Leber mit den Medikamenten beschäftigt, wird der Alkohol nicht schnell genug abgebaut. Wichtige Enzyme, die für den Abbau von Alkohol benötigt werden, können gehemmt werden. Das kann im schlimmsten Fall zu Vergiftungen führen. Die Symptome, die auch in Kombination auftreten können sind: Gesichtsrötung (Flush), Übelkeit und Erbrechen, Schweißausbrüche, Schwindel, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Zittern, Kopfschmerzen und Blutdruckabfall.
Das ist das Acetaldehydsyndrom. Der Patient sollte auch darüber informiert werden, dass diese Probleme noch zwischen drei und fünf Tagen nach dem Einnahmeende bestimmter Medikamente auftreten können. Bei diesen Arzneimitteln sollte daher zur Vorsicht geraten werden.
Antidepressiva nehmen hier eine Sonderstellung ein.
Als Quelle für diese Zusammenfassung diente hauptsächlich eine amerikanische Metastudie zum Thema Wechselwirkungen zwischen Alkohol und bestimmten Medikamenten.
Steht ein Kunde mit Brummschädel am Morgen danach in der Apotheke, dann verlangt er meistens nach einem Schmerzmittel. Hier können wir vor allem kurz darüber aufklären, warum er sich nun so fühlt. Viele wissen nicht, dass der Alkohol ihnen Wasser entzieht und zusätzlich das Gleichgewicht zwischen den Mineralstoffen Kalium, Calcium, Natrium und Magnesium durcheinandergeraten ist.
Die Kopfschmerzen rühren auch von erweiterten Blutgefäßen im Kopf her. Oft stellen sich aus diesem Grund zusätzlich noch Schwindel, Übelkeit und Herzrasen ein. Ein Konterbier verzögert nur die entsprechende Reaktion des Körpers und hilft der Leber in keinem Fall beim Abbau des Restalkohols. Der Rat sollte also vor allen Dingen sein, genügend (Wasser) zu trinken und neben dem Schmerzmittel die Mineralstoffe nicht zu vergessen.
Paracetamol sollte hier nicht zum Einsatz kommen, auch Aspirin ist aufgrund der erhöhten Gefahr gastrointestinaler Blutungen nur eingeschränkt zu empfehlen. Ibuprofen, gleichzeitig zum deftigen Frühstück eingenommen, scheint noch die sicherste Empfehlung. Einen gut gemeinten Ratschlag kann man hier noch zusätzlich loswerden: Statt den Rollmops zum Katerfrühstück setzt der feierfreudige Jeck besser auf fetten Seefisch vor der Party, denn eine gute Grundlage sorgt dafür, dass der Alkohol verzögert im Körper ankommt.
Bei dieser Kombination sollte man hellhörig werden, denn hier liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass grundlegende Dinge zum Zyklus der Frau und zur Wirkweise der „Pille danach“ nicht verstanden wurden. Auch wenn der ein oder andere nun schmunzelt, diese Frage ist keine Fiktion und wurde durchaus bereits gestellt.
Die Überlegung dahinter war, am Tag nach der feuchtfröhlichen Feier direkt zu prüfen, ob eine Schwangerschaft vorliegt, um dann direkt mit der Pille danach gegenzusteuern. Es könnte an dieser Stelle sinnvoll sein, wenigstens kurz auf den Monatszyklus einzugehen. Auch dass die „Pille danach“ auf eine bereits bestehende Schwangerschaft keinen Einfluss mehr nehmen kann, ist wichtig zu erwähnen. Sie verschiebt den Eisprung lediglich um fünf Tage, so dass die Samenzellen bis dahin abgestorben sind.
Sollte der Einsatz der „Pille danach“ sinnvoll sein, ist im nächsten Schritt wichtig, die Patientin nach ihrer Krankengeschichte zu befragen. Besteht – auch familiär bedingt – eine erhöhte Thrombosegefahr, wählt man besser den Wirkstoff Ulipristalacetat. Bei einer Asthmaerkrankung mit Einnahme von Glucocorticoiden ist eine Tablette mit Levonorgestrel vorzuziehen.
In beiden Fällen sollte die weitere Verhütung innerhalb dieses Zyklus nicht hormonell erfolgen. Wurde der Wirkstoff Levonorgestrel ausgewählt, sollte die Patientin ihre normale Verhütungspille bis zum Ende des Zyklus weiter nehmen. Bei Ulipristalacetat sollte die Verhütungspille dagegen fünf Tage lang weglassen werden.
Eine optimale Wirkung beider Wirkstoffe wird außerdem durch die gleichzeitige Einnahme mancher Antibiotika, Antiepileptika, Virostatika oder johanniskrauthaltiger Arzneimittel vermindert.
Das sind meine praktischen Apothekentipps für die fünfte Jahreszeit. Viel Spaß beim Feiern – und natürlich beim Beraten!
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