Die Borna-Krankheit war bisher vor allem als Gehirn- und Rückenmarksentzündung bei Pferden bekannt. Virologen hielten eine Übertragung auf den Menschen lange für unwahrscheinlich. Inziwschen ist aber klar: Auch Menschen können daran sterben.
Bereits 1813 beschrieben Veterinärmediziner die sogenannte „hitzige Kopfkrankheit“ bei Pferden, ohne wissenschaftlich groß beachtet zu werden. Als 1894 im sächsischen Borna etliche Kavalleriepferde erkrankten, war klar, dass es sich um ein neues Leiden handeln muss. Patholgen beschrieben es als nicht-eitrige Meningoenzephalitis. Über Jahrzehnte hinweg diskutierten Forscher, ob auch Infektionen bei Menschen möglich sind. Das Robert Koch-Institut (RKI) beschloss im Jahr 2007 die eigene Forschung zu dem Thema zu beenden. „Trotz aller intensiven und jahrelangen Bemühungen gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Borna-Virus überhaupt einen Krankheitserreger für den Menschen darstellt“, hieß es in einer entsprechenden Mitteilung. Jetzt lassen Fallberichte keine Zweifel mehr daran, dass das Virus auch den Menschen infizieren kann.
Zwischen 2011 und 2013 erkrankten in Deutschland drei Züchter von Eichhörnchen an einer Enzephalitis mit ähnlichen Beschwerden wie aus der Veterinärmedizin bekannt. Sie starben zwei bis vier Monate, nachdem sie klinische Symptome entwickelt hatten. Bei der Autopsie untersuchten Ärzte Proben des Gehirns per Genomanalyse. Sie fanden sowohl bei den Patienten als auch bei einem der Tiere das Variegated Squirrel Bornavirus 1 (VSBV-1), ein RNA-Virus, das unsere Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Bei Eichhörnchen aus Deutschland oder aus den Niederlanden war VSBV-1 verbreiteter als angenommen, wie eine groß angelegte Untersuchung zeigt. Forscher nahmen bei lebenden Eichhörnchen Mundabstriche und untersuchten Gehirne toter Tiere. Insgesamt 11 (2,6 %) aller 468 Tiere wurden positiv auf VSBV-1-RNA und Bornavirus-spezifische Antikörper getestet.
Weitere Fälle hat das Friedrich-Loeffler-Institut im aktuellen Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht. Drei Empfänger desselben postmortalen Organspenders erkrankten ebenfalls. Bei Genomanalysen fanden Molekularbiologen jedoch eine andere Spezies, nämlich das klassische Bornavirus (Borna Disease Virus 1, BoDV-1). „Derzeit gehen die beteiligten Einrichtungen und das Robert Koch-Institut (RKI) übereinstimmend davon aus, dass es sich bei den BoDV-1-Erkrankungen der oben beschriebenen Organempfänger um einen sehr seltenen Einzelfall handelt“, heißt es im Artikel. Weiterhin heißt es dort, es gebe „den Nachweis einer fatalen Infektion mit dem klassischen Bornavirus mit den Symptomen einer massiven Enzephalitis bei einer weiteren Patientin“. Ein ähnlicher Fall befinde sich noch in Abklärung.
Ungeklärte Enzephalitis-Fälle sollten auf jeden Fall molekularbiologisch untersucht werden. Welche Rolle Organspenden spielen, lässt sich bislang nicht sagen. Zugelassene Therapien zur Behandlung einer Bornavirus-Infektion beim Menschen gibt es nicht. Angesichts der unklaren Situation wenden sich Experten des RKI an Ärzte: