Eine genetische Achillesferse: Olaparib versetzt Zellen den Todesstoß, falls DNA-Reparatur-Enzyme defekt sind. Davon profitieren Männer mit Prostatakarzinom, fanden Wissenschaftler heraus. Eine neue Studie soll klären, welche Dosierung optimal ist.
Bei Patienten mit Prostatakrebs gelten chirurgische Eingriffe, Bestrahlungen und die Unterdrückung der Androgenproduktion als therapeutische Säulen. Bereits vor drei Jahren haben Wissenschaftler methodisch hochwertige Vergleiche veröffentlicht. Sie werteten Daten von zirka 52.000 Personen mit Prostatakarzinom aus. Bei geringem Progressionsrisiko raten sie zur Brachytherapie mit radioaktiven „Seeds“. Im nächsten Schritt folgen Brachy- und externe Strahlentherapien. Bei Hochrisikopatienten kommt der Androgenentzug noch mit hinzu. Seit Veröffentlichung dieser Arbeit ist viel passiert.
Innovationen kommen in diesem Fall aus der Gynäkologie. Olaparib hemmt die Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP): ein Enzym, das maßgeblich an DNA-Reparaturprozessen beteiligt ist. Bisher wissen Humangenetiker, dass PARP bei Frauen mit Eierstock-, Eileiter- oder Peritoneal-Karzinoms und Mutation im Tumorsuppressorgen BRCA die Zellteilung aufrecht erhält. PARP-Inhibitoren führen letztlich zum Zelltod. Ein Arzneistoff wurde von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA genau für diese spezielle Konstellation zugelassen. Jetzt ist es Forschern gelungen, das Prinzip auf Prostatakarzinome zu übertragen.
Auch in Prostatakarzinomen fanden Wissenschaftler BRCA1- oder BRCA2-Mutationen. Deshalb haben sie jetzt untersucht, inwieweit Olaparib von Nutzen sein könnte. Ausgangspunkt war die TOPARP-Studie („A Phase II Trial of Olaparib in Patients With Advanced Castration Resistant Prostate Cancer“) mit finanzieller Unterstützung diverser Stiftungen. Der Hersteller sorgte für Olaparib. Johann S. de Bono, UK, rekrutierte zusammen mit mehreren Teams insgesamt 50 Patienten, die als „austherapiert“ galten. Bei 16 von ihnen fand de Bono Anomalien in Genen zur DNA-Reparatur, etwa BRCA1/2, ATM oder CHEK2. Nach Einsatz des innovativen Pharmakons kam es bei 14 von 16 Patienten zur Remission ihres Tumors. Als durchschnittliche Überlebenszeit gaben die Autoren 13,8 Monate an (Vergleich: 7,5 Monate). Der Unterschied war statistisch signifikant.
Vom Erfolg ihrer Strategie angespornt, haben die Autoren jetzt eine neue Studie gestartet. Mit TOPARP-B wollen sie untersuchen, ob 300 oder 400 Milligramm zweimal täglich das beste Resultat bringen. Forscher suchen insgesamt 88 Patienten, bei denen nachweislich Mutationen in Genen zu finden sind, die für Enzyme zur DNA-Reparatur codieren.