Jeder Topf findet seinen Deckel und jeder Patient findet seinen Arzt – egal, wo auf der Welt. So in etwa lautet das Konzept des Medizinunternehmens Qunomedical. Doch es gibt gleich mehrere Haken.
Statt Ärztin wurde die Österreicherin Gründerin. Ihr Start-Up gibt es seit Ende 2015. Seitdem liest man immer wieder Berichte über das aufstrebende Unternehmen Qunomedical von Sophie Chung. Dabei geht es im Grunde um eine moderne Variante von Medizintourismus.
Die Serviceleistung besteht darin, Patienten an Ärzte und Kliniken im In- und Ausland zu vermitteln. Für den Patienten ist dieser Dienst kostenlos. „Suchen Sie aus mehr als 1.000 Ärzten in 25 Ländern – jeder Arzt wurde sorgfältig entlang des Qunoscores, unseres selbst entwickelten Bewertungssystems für höchste Qualitätsstandards, geprüft“, heißt es auf der Website des Unternehmens.
Chungs Vision: Der Kunde soll die beste Behandlung zum besten Preis erhalten. Von Behandlungen an den Herzklappen im türkischen Izmir bis zur Haartransplantation in Polen sei alles möglich, heißt es in einem Handelsblatt-Bericht. „Es kann nicht sein, dass viele Menschen ewig auf Termine bei Ärzten warten müssen oder sich gewisse Dinge gar nicht erst leisten können“, wird Chung darin zitiert. Ihr Produkt soll als persönlicher Gesundheitsberater fungieren – von der Suche nach einem Arzt bis zum Zeitpunkt der Behandlung. In diesem Zeitraum können Kunden den Dienst rund um die Uhr kontaktieren. Die Übergabe des Patienten an ein Krankenhaus oder einen Arzt wird ebenfalls begleitet. Das gilt auch für das Buchen von Hotel und Transfer.
Mit dieser Idee ist Chung nicht allein. Noch zwei weitere deutsche Start-ups entwickelten einen ähnlichen Service, allerdings meldete eins davon im Jahr 2016 Insolvenz an und wurde an ein ausländisches Unternehmen verkauft.
Es stellt sich die Frage, wie sich ein solcher kostenloser Service rentieren soll. Diversen Zeitungsberichten lässt sich entnehmen, dass es zum Einen gut zahlende Investoren gibt. Das Geld kommt aber auch von den Gesundheitsdienstleistern. Den Informationen auf der Website zufolge wird Qunomedical von den Krankenhäusern und Kliniken vergütet, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet.
Pro Monat gebe es Anfragen von etwa 7.000 Patienten, die laut Unternehmen aus über 50 Ländern kommen. Wie oft der Dienst tatsächlich in Anspruch genommen wird, verrät das Unternehmen nicht.
Was die Qualitätsstandards der Krankenhäuser und Ärzte betrifft, setzt Chung auf ein mehrstufiges Modell. Ein Team sieht sich an, wie gut Kliniken zertifiziert sind, welche Ausbildung die dort angestellten Ärzte haben oder welche Geräte im Krankenhaus zum Einsatz kommen.
Des Weiteren wird getestet, wie gut die Kliniken auf ausländische Patienten eingestellt sind. „Unser Bewertungsalgorithmus ist unsere Kernintelligenz. Kein Patient könnte das alleine leisten“, wird die Gründerin etwa in einem Beitrag von N-TV zitiert.
So gut das ganze Konzept klingt, Kritiker sind der Ansicht, Unternehmer wie Chung begeben sich mit ihrer Strategie auf dünnes Eis. Das Geschäft von Qunomedical finde in der rechtlichen Grauzone statt, heißt es in dem Bericht weiter. Die Vermittlung von Patienten gegen Geld sei in Deutschland laut Ärzte-Berufsordnung verboten. „Ärzte dürfen keine Provision kassieren, wenn sie Patienten an eine Klinik vermitteln. Das geht aus einer jetzt veröffentlichen Entscheidung des Landgerichts Kiel vom vergangenen Oktober hervor (Az.: 8 O 28/11). Das Urteil ist nach Angaben eines Gerichtssprechers rechtskräftig und hat grundsätzliche Bedeutung“, heißt es in einem Pressebericht des Hartmannbunds.
Auch Medizintourismusforscher Jens Juszczak von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg kommt in dem Beitrag zu Wort. Er hat sich mit dem Portal bereits beschäftigt und ist nicht überzeugt von den Ergebnissen, die das System ausspuckt. „Es ist total unklar, wie die Ergebnisse zustande kommen und warum welche Spezialisten empfohlen werden“, sagt er gegenüber N-TV.
Insgesamt stuft er die Qualität des Dienstes als niedrig ein. „Wenn Patienten nur wegen der Provisionen zu bestimmten Kliniken geschoben werden, finde ich das ethisch sehr bedenklich“, äußert der Experte seine Befürchtung.
Warum das Unternehmen bisher keine Probleme zu haben scheint? Chung argumentiert, die Vermittlung sei bei Qunomedical nur ein Nebenprodukt. Die Beratung und die Betreuung sollen im Vordergrund stehen. Auf der einen Seite zahlen Kliniken und Ärzte Geld, um mitzumachen. Auf der anderen Seite betont Chung, dass ihr Unternehmen Krankenhäuser und Mediziner mit einem Marketingservice unterstütze. Auch das Konzipieren digitaler Kampagnen und das Checken von Patientenanfragen würde der Dienst übernehmen.
Fazit: Die Idee ist spannend, die Umsetzung scheint unausgereift. Und die Frage, ob ein solcher Service überhaupt legal ist, ein gutes Streitthema.
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