Vom Coronavirus bekommt man in Thailand erstaunlich wenig mit. In der Apotheke zu Hause sieht die Lage dafür ganz anders aus.
Ich bin derzeit in den Ferien. In Asien, genauer gesagt in Thailand. Und der Coronavirus, der in allen Medien ist, kommt von hier, wie übrigens auch die meisten Influenza-Viren, SARS, H1N1. Verschwörungstheorien mal beiseite, das ist so, weil sich hier bei Viehzucht und auf Märkten verschiedene Virenstämme bestens „austauschen“ können – und die entstehenden neuen Mutationen unserem Immunsystem noch unbekannt sind, weshalb die erfolgreichen Viren sich dann von hier aus über die Welt ausbreiten. Sehr unschön zu sehen an den jährlich neuen Grippepandemien, die viele Todesopfer zu Folge haben – und gegen die wir eigentlich eine Impfung haben, die ebenso jährlich neu zusammengestellt werden müssen.
Jetzt also das Coronavirus. Auch vom Tier auf den Mensch gesprungen. Auch via Tröpfcheninfektion übertragen. Auch gefährlich im Sinne, dass man daran sterben kann – aber offenbar nicht gefährlicher als die normale Grippe.
Gefährdeter sind alte Menschen und schon kranke oder geschwächte Menschen. Eindämmungsversuche in China, wo es gestartet ist, haben trotz teils radikaler Maßnahmen nicht funktioniert. Das ist auch sicher schwierig in der heutigen Zeit der Mobilität. So hat es nicht nur ziemlich rasch andere asiatische Länder erreicht (wie Thailand, mit einem großen Anteil hier lebender Chinesen), sondern auch Europa (in Italien ist zum Beispiel ein großer Teil der Textilmodestadt Prato fest in chinesischer Hand). Und kurz nachdem ich hier in Khao Lak angekommen bin, meldet die Schweiz den ersten Fall.
Die Reaktionen darauf: Ich habe im Moment einen alten Song im Kopf (wahrscheinlich nicht mal richtig), der ging so: „Die Welt geht unter … die geht nicht unter, das scheint nur so …“
Was merke ich hier in Thailand von alledem? Sehr wenig. Auf dem Flugplatz in Phuket keine großen Reisegruppen aus China mehr – die Immigration ist um ein paar Leute, die desinteressiert aus der Entfernung via Monitor Fieber gemessen haben, ergänzt worden, dauerte aber genau so lange. Ein (leerer) Desinfektionsmittelspender in der Warteschlange. Einige Leute mit Atemmasken. Daran, dass der Fingerabdruckscanner ein Problem sein könnte, denkt hier niemand.
In Khao Lak selber sieht und hört man auch fast nichts. Die Damen vom Spa arbeiten (neu) alle mit Maske. Beim Frühstück gibt es im Restaurant ein Händedesinfektionsmittel auf einem Tisch. Und die Tourenanbieter und Restaurants haben weniger zu tun, hier aber vor allem die, die auf chinesische Besucher setzten.
Aber in Europa? Uiuiui. Klar, da hört man durch die Medien (zu?) viel. Das Virus ist neu, bis zu einem gewissen Grad unbekannt, breitet sich rasch aus und die Auswirkung auf einen Infizierten zeigt die ganze Spannweite von beschwerdefrei über leichte Erkältungssymptome, hauptsächlich Fieber und Husten, über Lungenentzündungen und Spitalaufenthalt bis … ja, ein paar sterben daran. Und das zu einer Zeit, in der das Gesundheitssystem sowieso schon mit Grippefällen belastet ist. Wenn jetzt viele auf einmal das Virus bekämen, wäre das ganz schlecht. Selbst in Ländern mit funktionierendem Gesundheitssystem, zu denen ich unseres zähle.
Also muss auch hier versucht werden, die Ausbreitung einzudämmen, zu verlangsamen, Infektionswege zu unterbrechen. Das wurde erkannt. Deshalb auch das Verbot von großen öffentlichen Veranstaltungen und die großflächige Information der Bevölkerung über Verhaltens- und Vorbeugemaßnahmen. Daneben läuft noch mehr: Der Zeitpunkt, die Pandemiepläne aus dem Schrank zu holen, ist gekommen.
Aber was ich in den sozialen Medien so lese und was ich höre, wie es in der Apotheke läuft … man könnte meinen, wir stehen kurz vor der Panik. Bitte, Leute, das ist nicht so. Ja, es läuft nicht alles gut und wir wissen noch nicht, wie die Infektionswelle tatsächlich verlaufen wird und wie die kompletten Auswirkungen aussehen werden. Aber trotzdem!
Grundsätzlich kann man übrigens zwischen zwei Arten von Masken unterscheiden. Die papiernen „Chirurgenmasken“ – einigermaßen günstig, 50er-Packungen, sie eignen sich NICHT für den Eigenschutz vor Infektionen mit einem Virus. Sie sind dafür da, sie zu tragen, falls man selber Symptome hat (hustet), um die Umgebung vor den dabei entstehenden infektiösen Tröpfchen zu schützen. Sie halten nicht lange: Spätestens nach zwei Stunden oder wenn sie feucht sind, sollte man sie wechseln. Und so wegschmeißen, dass sie auch dann niemand anfasst.
Die anderen Masken sind um einiges dichter und haben teils Ventile – durch die Luft ungehindert rausgeht, gefiltert wird die Eingangsluft. Diese sollten (richtig angelegt und gehandhabt) gegen Virusinfektion schützen. Sie sind um einiges teurer und in kleineren Packungen erhältlich. Sie sollten im Pandemiefall den Arbeitern im Gesundheitsystem mit Patientenkontakt zu Verfügung stehen. Sie halten mehrere Stunden. Beim Wechsel ist auch hier Vorsicht angesagt.
Die Hände sollten dem Gesicht fernbleiben. Eigentlich ist auch das Tragen einer Brille dazu angesagt, da auch die Augen Einfallstor für das Virus sein können.
Das aktuelle Problem ist, dass wegen der Wahnsinnsnachfrage jetzt beide Sorten praktisch nicht mehr erhältlich sind. Sehr unschön auch zu sehen, wie die Preise dafür durch die Decke gehen. Im Internet findet man Angebote (Amazon zum Beispiel) mit 100-fach erhöhten Preisen, teils auch nur für eine einzelne Maske.
Genau wie bei der normalen Grippe ist das eine effektivere und günstigere Vorbeugemaßnahme. Dankbarerweise hilft gegen das Coronavirus laut Robert-Koch-Institut hochprozentiger Alkohol (80 %), das bedeutet, dass nicht nur spezielle Desinfektionsmittel wie das Sterillium Virugard dagegen helfen.
Auch hier haben wir in der Apotheke schon rasch gesehen, wie der Bedarf ansteigt und uns soweit möglich bevorratet, wann immer etwas lieferbar war. Trotzdem ist der Stand hier, dass das Desinfektionsmittel ausgeht (oder schon ausgegangen ist). Im Internet finden sich Mondpreise für z. B. Sterillium – unglaublich, dass es immer Leute gibt, die aus derartigen Situationen Profit schlagen.
Jetzt sind wir ja eine Apotheke, früher der Ort, an dem Arzneimittel hergestellt und nicht nur verkauft wurden und so ein Desinfektionsmittel ist recht einfach herzustellen. Für Glycerin-Alkohol pro manibus gibt es sogar eine aktuelle Rezeptur der WHO. Nur existieren gleichzeitig auch neue Gesetze wie die Biozidverordnung, die besagen, dass Mittel gegen Lebewesen (und dazu gehören auch Bakterien und Viren, also Desinfektionsmittel) einer speziellen Zulassung bedürfen. Vorher keine Herstellung und Anwendung/Verkauf.
Zum Glück haben wir jetzt aber die Erlaubnis der Behörden bekommen, Desinfektionsmittel im aktuellen Pandemiefall trotzdem herzustellen. Wer noch Isopropanol hat, macht das. In meiner Apotheke haben sie fünf Liter hergestellt, in 100-ml-Flaschen abgefüllt – es war innerhalb von vier Stunden ausverkauft. Jetzt kriegt man auch keinen Alkohol mehr beim Lieferanten.
Deshalb: Händewaschen! Häufig und richtig: Mit Seife, Wasser und mindestens 20 Sekunden lang unter fließendem Wasser alles abreiben. Auch die Daumen und zwischen den Fingern.
Es bleibt wichtig, dass wir eine Ausbreitung zumindest verlangsamen. Denn das scheint jetzt klar, kommen wird COVID-19. Selbst wenn das Virus nicht die wirklich gefürchtete Pandemie ist, die man erwartet. Vielleicht eine „gute“ Gelegenheit, das System jetzt zu testen und für die Zukunft zu optimieren.
Die Auswirkungen werden auch außerhalb des Gesundheitssystems, dem wohl eine Belastungsprobe bevorsteht, wirtschaftlich deutlich spürbar sein. Arbeitsausfälle, abgesagte Veranstaltungen, Lieferprobleme, Hamsterkäufe.
Apropos Lieferprobleme. Da kommt noch einiges auf uns zu. Da die Region Wuhan in China unter Quarantäne steht, herrscht mit den vielen Kranken praktisch Produktionsstopp. Da sie außerdem die Hersteller, oft sogar die einzigen, von vielen Medikamentenwirkstoffen sind (Antibiotika, Schmerzmittel, Blutdruckmedikamente) werden wir das hier in Europa zu spüren bekommen. Bald. Auch hier haben wir bei uns in der Apotheke versucht, vorzubeugen und Vorrat für einige Monate eingekauft. Aber wenn das länger andauert … das macht mich hier gerade auch etwas nervös, ja.
Bildquelle: Marcin Kaliński, Unsplash