Eine 41-Jährige Frau bereitet gerade eine Silvesterfeier vor, als sie ihr Asthmaspray braucht. Doch dann wird ihr Husten plötzlich blutig.
Eine 41-jährige Frau steckt mitten in den Vorbereitungen für eine Silvesterparty, als sie plötzlich etwas beginnt zu keuchen. Das Ehlers-Danlos-Syndrom sowie leichtes Asthma sind bei ihr bekannt. Daher entscheidet sie sich, einige Sprühstöße aus ihrem Salbutamol-Inhalator zu nehmen - präventiv, um während der Feierlichkeiten keinen akuten Asthmaanfall zu erleiden.
Sie holt das Gerät aus ihrer Handtasche, schüttelt es und bemerkt dabei ein leichtes Rasseln. Sie führt es auf eine gelockerte Verbindung im Inhalator zurück. Sie umschließt das Mundstück mit ihren Lippen und nimmt einen tiefen Atemzug des Medikamentes. Sofort spürt sie ein Kratzen im Rachen, das sie für eine versehentlich inhalierte Silberfolie einer Tablettenpackung hält. Doch nur einen Augenblick später hustet sie plötzlich stark blutig - sie schätzt etwa 100ml. Und es kommt noch schlimmer: Sie wird kurzatmig und keucht; zudem hat sie rechtsseitige Brustschmerzen. Ihr Zustand ist derart bedrohlich, dass sie sich entscheidet, einen Krankenwagen zu rufen.
Als die Rettungskräfte eintreffen ist sie hämodynamisch stabil bei einer Sättigung von 96%. Die Auskultation des Brustkorbs ist unauffällig. Bei der Untersuchung des Pharynx finden sie zwei etwa 1,5 Zentimeter lange vertikale Abschürfungen.
Im Krankenhaus angekommen hyperventiliert die verängstigte Patientin kurze Zeit - ansonsten bleibt sie stabil. Die Auskultation der Lunge ergibt nun ein grobblasiges Giemen im rechten Mittellappen.
Differentialdiagnostisch wäre aufgrund des Keuchens under der medizinischen Vorgeschichte der Patientin eine Exazerbation des Asthmas denkbar. Auch ein derartiger Niederschlag einer Infektion wäre möglich, wären die Symptome nicht so abrupt aufgetreten und hätte die Patientin zudem Fieber oder sich allgemein unwohl gefühlt. Eine Lungenembolie ohne gegebene Risikofaktoren ist eine deutlich seltenere und unwahrscheinlicherer Diagnose, sollte aber trotzdem zunächst in Betracht gezogen und geprüft werden.
Sofort veranlassen die Ärzte eine Röntgenuntersuchung des Thoraxes. Dort sehen sie - wie erwartet - einen Fremdkörper im rechten Hauptbronchus. Die Diagnose festigen sie noch durch eine CT-Bildgebung.
Doch beim Gegenstand selbst handelt es sich nicht - wie von der Patientin vermutet - um die Silberfolie einer Tablettenpackung, sondern um einen Ohrring. Sofort verabreichen ihr die Ärzte Ceftriaxon, um einer Aspirationspneumonie vorzubeugen. Mittels Bronchoskopie entfernen sie anschließend den Fremdkörper, der bereits den rechten Unterlappenbronchus komplett verschlossen hatte. Die weitere Genesung der Patientin verläuft unauffällig.
Bleibt nur die Frage, wie der Ohrring in die Atemwege gelangen konnte. Die Patientin hatte nach dem letzten Gebrauch den Deckel nicht wieder aufgesetzt, sodass sich der Ohrring der ebenfalls lose in ihrer Handtasche war im Inhalator verfangen konnte, welchen sie dann beim nächsten Einsatz aspirierte. Daher sollte bei Inhalatortrainings stets auf die Notwendigkeit des Deckels und der Sichtprüfung vor jedem Gebrauch hingewiesen werden. Die 41-Jährige jedenfalls ist nun deutlich sorgfältiger im Umgang mit ihrem Inhalator - insbesondere, was den Deckel betrifft.
Textquelle: Blake et al. / BMJ Case Reports
Bildquelle: Wikimedia Commons