Ein Pflegeheim in Süddeutschland befindet sich unter Quarantäne. Der Betrieb läuft weiter. Die Behörden sprechen von einem Kompromiss, die Kritiker von Ausbeutung.
Seit Anfang dieser Woche steht ein Teil eines Altenpflegeheims in Bad Rappenau unter Quarantäne. Medienberichten zufolge sollen mindestens ein Bewohner und eine Mitarbeiterin mit SARS-CoV-2 infiziert sein. Das Pflegeheim zählt 50 Mitarbeiter. Sie alle stehen unter Quarantäne. Besuche seien verboten.
Vergangenes Wochenende wurde bei einem der Pfleger des Bad Rappenauer Pflegeheims „Alpenland“ SARS-CoV-2 nachgewiesen. Angaben der Heilbronner Stimme zufolge handelt es sich bei dem Infizierten um einen 85-jährigen Heimbewohner, der am Freitag stationär aufgenommen wurde. Außerdem hat sich eine 54-jährige Pflegerin mit dem Virus infiziert. Beide haben sich bei dem 32-jährigen Infizierten angesteckt, einem seit Freitag vom Sozialministerium bestätigten Corona-Fall. Die infizierte Pflegerin hält sich in Quarantäne auf. Das soll auch für die Tochter gelten – die Frau hat vermutlich ihr Kind angesteckt.
Die von der infizierten Pflegerin betreute Wohngruppe wurde laut Pressemeldung der Stadt Rappenau auf Verfügung des Gesundheitsamtes des Landkreises Heilbronn stationär isoliert. Seitdem wurden weitere Infektionsfälle nachgewiesen. Es besteht die Vermutung, dass weitere Wohngruppen betroffen sein könnten, deshalb wurde der gesamte Altenpflegebereich stationär isoliert.
„Hierbei dürfen sie lediglich alleine mit dem eigenen PKW auf direktem Weg anreisen und sind verpflichtet, während ihrer Tätigkeit geeignete Schutzkleidung zu tragen. Die Quarantäne wird zunächst für die Dauer von 2 Wochen angeordnet. Sobald neue Informationen verfügbar sind, werden sie an dieser Stelle veröffentlicht“, heißt es in dem Text weiter.
Die derzeitigen Abläufe basieren also auf einer Kompromissregelung: Die Mitarbeiter dürfen ihr Zuhause nicht verlassen, es sei denn, um die Bewohner des Heims zu versorgen. Die Pfleger sind weiterhin im Dienst, um auch während der Isolation für Bewohner des Pflegebreichs da zu sein, die auf Hilfe angewiesen sind.
„Wir haben gemeinsam mit dem Gesundheitsamt den Kompromiss gefunden, dass diese Personen eben auf direktem Weg die Mitarbeiter von ihrer Heimstätte aus trotzdem zur Arbeit fahren können, dort dann mit entsprechender Schutzausrüstung arbeiten und ihrer Arbeit nachgehen können, nur so kann man den Heimbetrieb tatsächlich aufrechterhalten“, sagt Sebastian Frei, Oberbürgermeister von Bad Rappenau in einem Video-Beitrag des SWR.
Diese Entscheidung finden einige sinnvoll, andere sind darüber sehr verärgert, wie eine Diskussion auf Twitter veranschaulicht. „Rechtsfreier Raum für #pflege in D 2020. #pflegenotstand #pflegteuchdochselbst #CoronaVirusDE“ – mit diesem Statement reagiert eine Userin auf den Entschluss. „Und nur die, die alleine leben, dürfen nach Hause. Die anderen müssen wohl dort bleiben, hat mein Freund im Radio gehört“, fügt jemand hinzu.
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„Also, wenn ich das richtig lese, stehen Bewohner UND Pfleger unter Quarantäne. Da die Bewohner dort wohnen, die Pfleger aber nicht, macht die Anordnung doch Sinn. Oder liege ich da falsch?“, entgegnet ein Befürworter der Maßnahme. Ein anderer User schließt sich der Argumentation an und fragt, wer diese Personen denn dann pflegen solle. Er finde die Situation auch unerträglich, „aber wie sollen eurer Meinung nach Infektionswege gestoppt werden?“, fragt er die anderen.
„Es geht darum, dass die PFK nicht einmal nach Hause fahren und dort unter ‚Quarantäne‘ stehen – welche man auch sofort für alle Mitbewohner/Familienmitglieder anordnen müsste, sondern weiterhin täglich zur Arbeit und zurück pendeln sollen. Da kann man sich das Wort ‚Quarantäne‘ sparen“, lautet ein weiterer Kommentar unter dem Thread.
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