Ibuprofen beschleunigt die Vermehrung des Coronavirus im Körper eines Infizierten – so zumindest lautet ein Gerücht, das gerade kursiert. Wissenschaftler befeuern die Diskussion zusätzlich.
Am Wochenende verbreitete sich eine WhatsApp-Nachricht wie ein Lauffeuer: Darin erzählt eine Frau, dass Forscher der Uniklinik Wien einen Zusammenhang zwischen der Ibupofen-Einnahme und der Schwere der COVID-19-Erkrankung gefunden hätten. Ibuprofen würde die Vermehrung des Virus beschleunigen. Die Medizinische Universität Wien reagierte inzwischen und bezeichnet die Nachricht als „Fake News“.
Auch wenn es sich hierbei also offenbar um ein Gerücht handelt, Wissenschaftler spekulieren derzeit ebenfalls über einen möglichen Einfluss verschiedener Medikamente auf COVID-19. Zuletzt äußerten Pharmakologen ihre These in einer kürzlich im Lancet erschienenen Veröffentlichung. Darin beschäftigen sie sich mit der Frage, ob Patienten mit Hypertonie und Diabetes mellitus einem erhöhten Risiko für eine COVID-19-Infektion ausgesetzt sind.
In dem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass Medikamente, die zur Behandlung dieser beiden Krankheiten eingesetzt werden, den Krankheitsverlauf von Covid-19 verschlimmern könnten. In erster Linie meinen die Autoren damit Medikamente, die ACE (Angiotensin Converting Enzyme) hemmen. In der Veröffentlichung ist aber auch von Ibuprofen und Thiazolidindione, einem Antidiabetikum, die Rede. Die Autoren stellen klar, dass es sich ausdrücklich um Hypothesen handele. Eigene experimentelle Untersuchungen haben sie nicht angestellt. Wie kommen die Forscher zu ihren Thesen?
ACE-Hemmer sind eine Gruppe von Antihypertensiva deren Wirkung auf einer Inhibition des ACE beruht. Die Idee dahinter: SARS-CoV-2 nutzt das transmembranäre Enzym ACE2 (Angiotensin Converting Enzyme 2) als Rezeptor, um in die Wirtszellen zu gelangen. Zwar binden ACE-Hemmer nicht an ACE2, sondern blockieren lediglich ACE. Das soll allerdings dazu führen, dass verstärkt ACE2-Rezeptoren gebildet werden. Damit hätten die Viren mehr Möglichkeiten, in die Zellen einzudringen. Diese Hypothese formulierten auch schon Forscher in einem Kommentar, der Anfang März in Nature Cardiology erschienen ist.
Zwar zählt Ibuprofen nicht zu den ACE-Hemmern, aber die Studienautoren spekulieren, dass es ähnliche Effekte haben könnte. Immerhin könne auch Ibuprofen die Expression von ACE2 hochregulieren. Doch auch an dieser Stelle muss man klarstellen: Das ist reine Spekulation und wissenschaftlich nicht belegt.
Wie die DAZ schreibt, kursiert inzwischen das Gerücht, dass die Todesraten in Italien so hoch seien, weil dort besonders oft ACE-Hemmer eingesetzt würden. Die Verunsicherung über ACE-Hemmer veranlasste die Deutsche Hochdruckliga nun sogar dazu, vor dem eigenmächtigen Absetzen der Blutdrucksenker zu warnen (wir berichteten).
Bildquelle: Omar Flores, Unsplash