Italiens Gesundheitssystem ist an der Grenze der Belastbarkeit – oder hat den Punkt schon überschritten? Waren die rigorosen Einschränkungen erfolgreich?
„Wie andere auch habe ich zu Beginn die Dramatik der Situation nicht erfasst“, sagt Giorgio Gori, Bürgermeister aus dem stark betroffenen Bergamo. Heute wisse er, dass frühere Quarantäne-Maßnahmen wichtig gewesen wären. „Wir hätten heute weniger Todesopfer und die Krankenhäuser wären in der Lage, die Epidemie besser zu bewältigen.“
Italiens Regierung hat spät, aber umso härter reagiert. Es gilt eine teilweise Ausgangssperre. Wer nicht arbeiten geht, Lebensmittel einkauft oder aus gesundheitlichen Gründen unterwegs ist, muss zu Hause bleiben. Neue Zahlen liefern kein klares Bild. Zwischen 15. März (3.590 Neuerkrankungen) und 16. März (3.233 weitere Fälle) ging der Trend nach unten, um dann wieder anzusteigen (17. März: 3.526; 18. März: 4.207). Klare Aussagen lassen sich daraus noch nicht ableiten – möglicherweise zeigt sich ein Effekt der Einschränkungen im öffentlichen Leben, möglicherweise kamen die Maßnahmen zu spät.
Zum Vergleich: In China geht die Zahl der neuen Fälle deutlich zurück – und zwar schon seit Längerem. Wuhan, Hauptstadt von Hubei und Ausgangspunkt der Epidemie, wurde am 23. Januar unter Quarantäne gestellt, anderthalb Monate nach dem ersten Patienten mit einer damals noch mysteriösen Lungenerkrankung. Weitere Regionen folgten. Zeitweise waren 50 Millionen Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Außerdem haben Teams im Auftrag des Gesundheitsministeriums nach Kontaktpersonen von Infizierten gesucht. Viele Maßnahmen gelten aus westlichem Blickwinkel als hart und überzogen, haben ihr Ziel aber womöglich erreicht. Ab dem 13. Februar sank die Rate an Neuinfektionen stark (12. Februar: 14.108, 13. Februar: 5.090, 14. Februar: 2.641 zusätzliche Fälle).
Quelle: Worldometers / Screenshot: DocCheck
Tatsache ist, dass Deutschland gut beraten wäre, jetzt mit aller Konsequenz zu reagieren. Kitas und Schulen sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, mittlerweile geschlossen. Eine befristete, teilweise Ausgangssperre wäre in der aktuellen Situation auch ratsam.
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