Sport beeinflust etliche Signalmoleküle und Enzyme auf zellulärer Ebene. Dieses Netzwerk wollen Forscher mit Arzneistoffen aktivieren. Auf der Suche nach geeigneten Targets waren sie bereits erfolgreich. Bis zur Praxis ist aber noch ein weiter Weg zurückzulegen.
Regelmäßige Bewegung führt zu Effekten auf transkribierte Gene, translatierte Proteine und biochemisch synthetisierter Stoffwechselmoleküle. Doch lassen sich erwünschte Folgen auf den Körper nur mit hartem Training erreichen? Diese Frage haben Nolan Hoffmann und David E. James aus Sydney jetzt zusammen mit Kollegen untersucht. Ihre Strategien: Zielmoleküle identifizieren und pharmakologisch die Wirkung körperlicher Ertüchtigung imitieren. Was auf den ersten Blick wie Doping im Zeitalter der Genomforschung wirkt, hat ernste Hintergründe. Forscher hoffen, die Gesundheit immobiler Menschen zu verbessern, indem sie molekulare Mechanismen per Arzneistoff initiieren.
Der erste Schritt: Wie reagiert unser Körper auf hartes Muskeltraining? Dazu entnahmen Hoffmann und James Muskelgewebe von vier untrainierten Probanden. Ein intensives Training folgte – mit weiterer Biopsie am Ende. Per Massenspektrometrie untersuchten Wissenschaftler anschließend das komplexe Geschehen. Sie fanden 562 relevante Proteine und insgesamt 1.000 Möglichkeiten der Phosphorylierung. Bei diesem Prozess waren einige Kinasen besonders aktiv, etwa AMPK, PKA, CaMK, MAPK oder mTOR, wobei ein Großteil aller entdeckten Enzyme und Substrate bislang unbekannt war. Auf Basis von in-vitro-, in-vivo- und in-silico-Daten fanden sie ein weiteres Detail: Die AMPK-abhängige Phosporylierung eines speziellen Proteins, AKAP1 genannt, ist bei mitochondrialen Oxidationsvorgängen von zentraler Bedeutung.
Mit ihrer Arbeit zeigen Wissenschaftler vor allem, welche komplexen Vorgänge beim Training ablaufen. „Wir haben einen Arbeitsentwurf erstellt, der den Grundstein für zukünftige Behandlungen legen soll“, sagt Nolan Hoffman. „Das Ziel ist es, die Auswirkungen von Bewegung zu imitieren.“ Soviel zur Theorie. Von Medikamenten sei man „noch mindestens ein Jahrzehnt“ entfernt. Dass sich die Arbeit lohnt, steht in mehrfacher Hinsicht außer Frage. Mögliche Zielgruppen wären Senioren, aber auch Menschen mit Typ-2-Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen: ein milliardenschwerer Markt.