Klinikmitarbeiter erzählen uns, wie die Lage in ihrem Krankenhaus ist. Die überraschende Antwort: Erstaunlich ruhig. Wie lange bleibt das so?
„Von der kritischen Grenze in den Krankenhäusern, über die alle reden, sind wir derzeit weit entfernt. Die Ressourcen sind mehr als freigeschaufelt“, erzählt uns die Mitarbeiterin einer Kölner Klinik. Ihr Krankenhaus sei derzeit nur zu etwa 60 Prozent ausgelastet. Sie möchte lieber anonym bleiben. Aber da überall so viel Panik verbreitet würde, will sie erzählen, wie die Situation aktuell in ihrem Krankenhaus sei.
„Ich verstehe die komplett hysterische Reaktion vieler nicht. Wenn sich alle etwas beruhigen würden, könnte man viel besser und strukturierter handeln. Wir haben aktuell genügend Schutzmasken, Schutzanzüge und auch Desinfektionsmittel“, ergänzt sie. „Damit das auch so bleibt, muss natürlich achtsam damit umgegangen werden.“
Und wie sieht es mit Einzelzimmern aus? „Auch davon haben wir genügend. Ich muss wirklich sagen: Es könnten viele Corona-Patienten zu uns kommen.“ Die vorhandenen Intensiv- und Beatmungsplätze können kurzfristig aufgestockt und bei Bedarf mehr als verdoppelt werden.
Genug Beatmungsgeräte habe man auch. Im Moment sei keins in Benutzung. Die in Behandlung befindlichen COVID-19-Patienten brauchten derzeit keins.
Vergangene Woche hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Krankenhäuser aufgefordert, elektive Eingriffe – soweit medizinisch vertretbar – zu verschieben, um mehr Kapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Patienten zu haben. Ist das auch in der Kölner Klinik gemacht worden?
„Es werden nicht alle OPs verschoben, insbesondere dringende elektive Eingriffe und Notfälle werden durchgeführt. Wir bewerten jeden Tag neu, was durchgeführt werden kann. Das OP-Programm ist aber stark reduziert und kann bei Gelegenheit noch weiter reduziert werden. Einen OP werden wir jedoch mindestens immer einsatzfähig haben, für Notfälle. Schließlich gibt es ja auch noch andere Probleme als Corona.“
In einigen Bereichen der Klinik sei es derzeit so ruhig, dass man theoretisch Überstunden abfeiern könnte. Aber das würde nicht gemacht werden, im Grunde sei ja Alarmstimmung und es gelte Urlaubssperre.
Man nutze die derzeit noch ruhige Stimmung, um das Anästhesiepflegepersonal auf Intensiv einzuarbeiten, um bei Bedarf Patienten, insbesondere beatmete, versorgen zu können.
Auch in vielen anderen Krankenhäusern ist es derzeit noch eher ruhig. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) erfasst in ihrem Intensivregister die aktuelle Lage. Da sieht es noch ziemlich „grün“ aus. Intensivbetten sind aktuell also in vielen Krankenhäusern ausreichend vorhanden.
Von einer entspannten Lage berichtet uns auch ein Pädiater, der in NRW in einer Kinderklinik arbeitet. „Komme gerade aus der Nachtschicht. Ich kann das nur bestätigen, was auch die Kollegin erzählt. Es ist insgesamt viel weniger los als in den vergangenen Wochen. Es kommen insgesamt weniger Kinder in die Klinik, weil die Eltern natürlich Angst vor einer Ansteckung haben.“
Die Notaufnahme sei deutlich leerer. „Es sind eben einfach diejenigen, die nicht kommen, die sonst eigentlich keinen Grund haben, zu kommen. Das sind ja die Fälle, die normalerweise die Notaufnahmen blockieren. Also Eltern, die mit ihrem Kind kommen, weil es seit zwei Stunden Fieber hat. Das die jetzt nicht kommen, ist natürlich ganz gut.“
Ein Intensivmediziner berichtet uns, die Klinik hätte ihn zum Überstunden abfeiern nach Hause geschickt. Das Heimschicken begründet er, salopp gesagt, hiermit: „Wenn die erste Garde an Personal verheizt ist, weil alle infiziert sind, kommt dann die nächste Garde dran.“
Damit es weiterhin ruhig bliebe, sei nun eins wichtig, fasst die Kölnerin zusammen: „Entscheidet ist nun insbesondere, dass das Personal gesund bleibt, um potenzielle Coronapatienten versorgen zu können. Daher ist es so wichtig, dass sich wirklich alle an die Hygiene und Verhaltensempfehlungen halten.“
Für genauso wichtig hält sie auch Absprache und Information, denn die Stimmung könne in einer Klinik sonst schnell kippen: „Entscheidend ist hier eine klare, sachliche und verlässliche Kommunikation – so dass nach Möglichkeit keine Gerüchte aufkommen und wenn doch, müssen Unklarheiten schnell aufgelöst werden. Bei uns werden alle Mitarbeiter per Mail täglich mit Informationen aus dem Krisenstab versorgt.“
Wie ist die Situation in eurer Klinik? Noch ruhig oder bereits angespannt? Euren Kommentar könnt ihr namentlich oder anonym abgeben.
Bildquelle: Espen Bierud, unsplash