Die hormonelle Verhütung für den Mann ist schon länger eine Baustelle in der Forschung. Vor allem unerwünschte Nebenwirkungen sind der Grund, warum es mit der Männerpille nicht klappt. Eine neue Studie soll vielversprechender sein als alle, die es bisher gab.
Immer wieder gab es Versuche, ein hormonelles Kontrazeptivum für den Mann zu entwickeln, bisher aber ohne Erfolg. Auf der ENDO 2018, dem 100. jährlichen Meeting der Endocrine Society in Chicago, wurde eine Männerpille vorgestellt, die tatsächlich wirken soll. Das jüngste Beispiel für gescheiterte Projekte in diesem Bereich ist eine Studie, die im Oktober 2016 durchgeführt wurde. 320 Männer bekamen eine Wirkstoff-Kombination aus Testosteronundecanoat und Norethisteronenantat in Form einer Injektion verabreicht. Das Medikament erwies sich zwar als wirksam, aber die Nebenwirkungen waren zu schwer. Probanden berichteten von Veränderungen der Libido, Akne und Stimmungsschwankungen. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen.
Bei der nun vorgestellten Verhütungsmethode handelt es sich nicht um eine Spritze, sondern tatsächlich um eine Pille, die vom Mann täglich eingenommen wird. Das synthetische Androgen Dimethandrolon-Undecanoat (DMAU) wurde bereits bei früheren Versuchen von anderen Forschern eingesetzt und ist auch hier der Wirkstoff der Wahl. Laut Studienleiterin Stephanie Page, Medizin-Professorin an der University of Washington, können erhältliche hormonelle Verhütungsmittel, die der Mann oral einnimmt, Entzündungen in der Leber auslösen. Die neu entwickelte Pille aber enthält Undecanoat, eine langkettige Fettsäure, die die Clearance verlangsamt.
Die Ergebnisse beruhen auf einer Studie mit 83 gesunden Männern zwischen 18 und 50 Jahren. Die Forschergruppe wies die Probanden drei unterschiedlichen Gruppen zu, die sich durch die Dosis des Wirkstoffs unterschieden: 100, 200 und 400 mg DMAU. In jeder Dosis-Gruppe befanden sich fünf Personen, die Plazebos erhielten. Die Probanden nahmen über einen Zeitraum von 28 Tagen hinweg täglich eine Pille zum Essen ein. Bei der 400-mg-Gruppe kam es zum gewünschten Effekt: Die Werte von Testosteron und zwei Hormonen, die für die Spermienproduktion benötigt werden, wurden unterdrückt. Bei allen Testgruppen war die Einnahme des Präparats mit einer leichten Gewichtszunahme verbunden, auch der Wert des HDL-Cholesterins sank minimal. Page spricht hier von milden Werten. Durch einen niedrigen Testosteronwert kann es zu Stimmungsschankungen kommen, allerdings berichteten nur sehr wenige Studienteilnehmer über Symptome dieser Art. Davon abgesehen waren die Testergebnisse unauffällig. Längerfristige Studien, die bestätigen sollen, dass täglich eingenommenes DMAU die Spermienproduktion blockiert, finden derzeit statt, sagt die Forscherin.