Das Bundesinnenministerium hat ein Strategiepapier veröffentlicht. Es trägt den hoffnungsfrohen Titel „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“. Wichtigster Punkt: Testen, testen, testen.
Vom Motto „Wir testen, um die Lage zu bestätigen“ zu „Wir testen, um vor die Lage zu kommen“ – das sieht ein Strategiepapier des Bundesinnenministeriums jetzt vor. Oberstes Ziel dieses Papiers: Eine deutliche Ausweitung der Tests auf SARS-CoV-2.
Das Papier mit dem Titel „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen“ bezeichnet die größtmögliche Erhöhung der Testkapazitäten in Deutschland als „überfällig“, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Weiter heißt es, man solle sich am Vorbild Südkorea orientieren. Dort hatte man den Ausbruch mit sehr vielen Tests sowie der Isolierung von Erkrankten und deren Kontaktpersonen schnell eindämmen können.
Die Experten sehen darin die einzige Möglichkeit, der Krise Herr zu werden und schlimmere Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft zu verhindern. Dazu spielen sie in dem Papier ein Szenario durch, in dem bis Ende April 200.000 Tests pro Tag durchgeführt werden könnten.
Zum Vergleich: Aktuell ist, laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, von 300.000–500.000 Tests pro Woche auszugehen. Das sei im internationalen Vergleich sehr hoch, hält Spahn fest. Aus Sicht des Virologen Prof. Christian Drosten ist das Testen ein sehr wichtiger Aspekt: „Der Grund, warum wir in Deutschland im Moment so wenige Todesfälle haben, gegenüber der Zahl der Infizierten, ist hinreichend damit zu erklären, dass wir extrem viel Labordiagnostik in Deutschland machen.“ Das würde im Umkehrschluss bedeuten, wir testen schon jetzt mehr als andere Länder, die vergleichsweise mehr Todesfälle haben.
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Das Strategiepapier bewertet folgende Maßnahme als besonders wichtig: „Das Testen und Isolieren der infizierten Personen.“ Getestet werden sollten „sowohl Personen mit Eigenverdacht als auch der gesamte Kreis der Kontaktpersonen von positiv getesteten Personen.“ Das entspricht nicht der derzeitigen Praxis in Deutschland, die sich an die Angaben des RKI hält. Demnach werden nur Personen getestet, die Symptome zeigen und Kontakt zu Infizierten hatten beziehungsweise zu einer Risikogruppe gehören.
Um medizinisches Personal zu schützen, sollen möglicherweise Infizierte die Tests selbst durchführen. Dazu sollten Drive-In- oder Telefonzellen-Teststationen eingerichtet werden, heißt es in dem Strategiepapier. Wie genau die Tests selbst funktionieren sollen, lässt das Schreiben aber offen. Das derzeit gängigste Verfahren mittels PCR werde laut Spahn momentan etwa 200.000 mal pro Woche angewandt. Allerdings werden die dafür benötigten Labormittel langsam knapp.
Um die Testkapazität in einem Ausmaß wie im Papier gefordert zu steigern, müssten diese erst wieder aufgestockt oder alternative Testverfahren gefunden werden. Eine Lösung könnte sein, die Tests auch in Universitäten und entsprechend ausgerüsteten BioTech-Unternehmen durchzuführen, schlägt unter anderem die SZ vor. Die dann nötige zentrale Organisation könnte aber eine große Herausforderung sein.
Die Sensibilisierung der Bevölkerung sei nach wie vor besonders wichtig. Die Experten des Innenministeriums planen daher auch eine Kampagne, in der nochmal über die Gefahr des Virus informiert werde. Die enorme Bedeutung der Selbstisolation soll ebenfalls erneut hervorgehoben werden.
Die Taktik dahinter lautet: „Um die gesellschaftlichen Durchhaltekräfte zu mobilisieren, ist das Verschweigen des Worst Case keine Option […]. Wer Gefahr abwenden will, muss sie kennen.“
Dieser Worst Case sieht für die Fachleute derzeit so aus, dass bei einer ungebremsten Verbreitung des Virus etwa 80 Prozent aller Patienten, die eigentlich eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, von den Kliniken abgewiesen werden müssten.
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