Es gibt immer schwarze Schafe. Auch wenn es um die COVID-19-Pandemie und vermeintlich vorbeugende Corona-Mittel geht. Hier eine Liste mit Produkten, die mich wütend machen.
In der Apotheke sind wir meist die ersten Ansprechpartner unserer Kunden, wenn sie von coronavorbeugenden Maßnahmen erfahren. Man muss es leider sagen: Die Pandemie ist zwar für viele Menschen der Beginn ihres persönlichen und beruflichen Abstiegs, für andere bedeutet sie aber die Chance, sich an der Angst der Bevölkerung zu bereichern. Mundschutz und Desinfektionsmittel zu stark überhöhten Preisen sind das eine – falsche Versprechungen, mithilfe ihres Produktes von einer Corona-Infektion gefeit zu sein, das andere. Und davon tummeln sich derzeit viele auf dem Markt. Selbst seriöse Anbieter versuchen, mit auf diesen Zug aufzuspringen.
Hier einmal eine kleine Übersicht, über die aktuellen „Fake-Produkte“ und Nahrungsergänzungsmittel, die eine relative Coronafreiheit für ihre Anwender suggerieren:
Ganz fraglos ist das Zwiebelgewächs gesund und hat sogar nachgewiesenermaßen positive Effekte gegen eine Erkrankung mit einem grippalen Infekt. In diesem Cochrane-Review wird die Evidenz allerdings nur als „moderat“ bezeichnet. Die Einnahme von Knoblauchsäften hat definitiv keine nachgewiesene Wirkung gegen eine COVID-19-Erkrankung. Dazu gibt es – wie bei allen anderen Präparaten, die nun genannt werden – noch keine Untersuchungen oder Studien.
Auch hier ist es unseriös, mit einer Wirksamkeit gegen eine Coronainfektion zu werben. Studien gibt es zwar zum Zika-Virus, den man aber nicht einmal beim Übertragungsweg mit einem Coronavirus vergleichen kann. Ein Review zur Wirksamkeit gegen Influenzaviren und Erkältungsviren aus dem Jahr 2018 verdeutlicht jedoch vor allem die Notwendigkeit weiterer Studien zur Bestätigung einer klinischen Wirksamkeit.
Die „Antistress-Pflanze“, wie sie häufig genannt wird zeigt laut der Werbung antivirale Effekte. Besonders häufig taucht hier eine bestimmte Studie auf. Wahrscheinlich hoffen die Hersteller der Rosenwurz-Produkte, dass die potentiellen Kunden einfach der Aussage vertrauen und sich diese Studie gar nicht erst genauer ansehen. Hier wurden nur 24 Marathonläufer während des Trainings auf mögliche Effekte nach der Einnahme von Rosenwurz-Präparaten getestet. In dieser Studie wurde demnach nur festgestellt, dass Rhodiola rosea einen durch körperliche Betätigung verursachten Anstieg der Virusreplikation unterdrückt. Hier einen Effekt auf eine COVID-Erkrankung übertragen zu wollen, ist vermessen.
Hier ist eine antivirale Wirkung durchaus belegt – allerdings nur in Zellkulturen. Andere Autoren nennen sie als mögliche Präventionsmaßnahme für respiratorische Virusinfektionen. „Die Viren werden durch eine Wechselwirkung mit den Extraktbestandteilen an der Bindung an bzw. dem Eindringen in die Wirtszelle gehindert. […] Dem relativ unspezifischen Angriff können sich die Erreger durch Mutation nicht leicht entziehen, sodass beispielsweise keine resistenten Influenza-Erreger nach Cystus052-Behandlung gefunden werden konnten.“ Doch ist eine Wirkung gegen das neuartige Coronavirus noch nicht getestet worden. Die Cistrose also als Heilmittel gegen Covid-19 zu bewerben, ist unseriös!
Als ganz besonders dreist empfinde ich diese Werbung:
Auf welche „neuesten Meldungen“ wird sich hier bezogen? Die Firma versucht in meinen Augen ganz bewusst, sich ihrer Verantwortung und der Haftung für irreführende Werbeaussagen zu entziehen. Es gibt weiterhin keine wie auch immer geartete Studienergebnisse zum Einsatz von Propolis gegen das neuartige Coronavirus!
Aufgrund dieser Werbung ist ein Produkt, das bis zum Ende des letzten Jahres wie Blei in der Sichtwahl stand, nun restlos ausverkauft. Die Kunden vieler Apotheken würden auch den zehnfachen Preis dafür bezahlen, wenn es nur zu bekommen wäre. Auf Plattformen wie Ebay wird dieser Irrglaube, ein Nasenspray könne wirksam gegen eine Covid19-Erkrankung helfen ebenfalls deutlich:
Die aus Rotalgen gewonnene Carragelose wird hier als Mittel zum Vorbeugen beworben. Was sich zu diesem Wirkstoff sagen lässt? Zunächst einmal ist die Studienlage mehr als übersichtlich. Die Firma nennt genau drei Studien, zum Teil mit nur 35 Probanden:
„Ein Forscherteam um den renommierten Erkältungsforscher Ron Eccles testete die Wirksamkeit der Carragelose® an 35 jungen Erwachsenen (Durchschnittsalter 19,6 Jahre), die erste Anzeichen einer Erkältung zeigten.
Die Studie des Kinderarztes Tamas Fazekas und seiner Kollegen bestätigte die Wirksamkeit des Carragelose® Erkältungssprays bei Kindern. Es wurden Daten von 213 Kindern (Durchschnittsalter 5 Jahre) mit akuten Erkältungssymptomen erhoben.
Die Studie von Ludwig M. et al. (2013) basiert auf der Auswertung der Daten von insgesamt 211 Probanden.“
Weiterhin heißt es:
„Konkret kommen die Studien zu folgenden Ergebnissen:
Ich lese hier nicht einen Satz darüber, dass der Infektion selbst vorgebeugt wurde, obwohl genau das in der Werbung durchaus suggeriert wird.
Ein möglicher Nutzen der physikalisch wirksamen Medizinprodukte zur Vorbeugung oder der Linderung von Erkältungsbeschwerden ist zwar nicht ausgeschlossen, wie etwa die DAZ 2018 berichtete, eine kritische Betrachtung der Evidenz lässt jedoch Fragen hinsichtlich der Wirksamkeit offen.
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dem frommen Wunsch meinerseits, dass sich eine Firma wie Hermes Arzneimittel zukünftig bezüglich solcher Aussagen zurückhält. Die Menschen sind verunsichert und verängstigt genug. Daraus auch noch mittels irreführender Werbung Profit zu schlagen und die Anwender damit in falscher Sicherheit zu wiegen, empfinde ich als würdelos.
Bildquelle: Tero Laakso, flickr