Nach der frühen Nutzenbewertung hat das IQWiG das Immunsuppressivum Belatacept nach Nierentransplantation auf Basis eines zweiten Dossiers erneut bewertet. Die Langzeitdaten weisen in der Gesamtschau auf einen beträchtlichen Zusatznutzen hin, so das IQWiG.
Seit Juni 2011 ist Belatacept (Handelsname Nulojix) zugelassen für Erwachsene nach einer Nierentransplantation. Zusammen mit anderen Medikamenten soll es einer Abstoßungsreaktion des Körpers auf das Spenderorgan vorbeugen. Nach einer ersten frühen Nutzenbewertung im April 2012 hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun erneut überprüft, ob der Wirkstoff gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet. Grund dafür war eine Befristung des entsprechenden Beschlusses durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), die im Juli 2015 auslief.
Aus dem zweiten Dossier lasse sich ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen im Vergleich zu Ciclosporin A ableiten. Denn Nierenschwäche infolge von Abstoßungsreaktionen trete unter Belatacept seltener auf – und das bei allen Transplantierten. Das erste Dossier hatte dagegen nur bei einem bestimmten Spendertyp einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen gezeigt. Für sein zweites Dossier zog der Hersteller dieselben randomisierten kontrollierten Studien heran wie für sein erstes. Allerdings umfasst es zusätzliche Analysen der bereits bekannten Daten sowie Ergebnisse aus späteren Datenschnitten. Diese beziehen sich nun auf einen Beobachtungszeitraum von sieben Jahren, im ersten Dossier waren es drei Jahre.
Zwar zeigten die Langzeitdaten bei der Sterblichkeit keine relevanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Einen Vorteil zeige Belatacept jedoch bei der Nierenschwäche: Diese trete bei Transplantierten mit einer chronischen Nierenerkrankung im fortgeschrittenen Stadium (4/5) seltener auf. Das IQWiG bewertet dies als Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Der Hinweis gilt unabhängig von der Klassifikation des jeweiligen Spenders. Denn eine Studie untersuchte SCD-Spender (Standard Criteria Donors), bei denen die Organe von Lebendspendern oder von beispielsweise nach einem Unfall Verstorbenen stammten. Die andere Studie schloss Patienten mit ECD-Spendern (Extended Criteria Donors) ein. Bei ihnen handelt es sich ausschließlich um Organe Verstorbener, die auch bestimmte Begleiterkrankungen aufweisen oder über 60 Jahre alt sind.
Stammt die Niere von einem SCD-Spender, so zeigten die 7-Jahres-Daten auch einen Vorteil von Belatacept beim kombinierten Endpunkt „Tod oder Transplantatverlust“, was das IQWiG ebenfalls als Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen wertet. Dies gelte jedoch nicht für ECD-Spender. In Hinblick auf weitere, für Patienten maßgebliche Aspekte von Beschwerden und Folgekomplikationen, wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder das Auftreten eines Diabetes mellitus, zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Studienarmen. Für die gesundheitsbezogene Lebensqualität enthalte das Dossier keine verwertbaren Daten.
Der Vorteil, den die erste Dossierbewertung Belatacept zugesprochen hatte, beruhte auf weniger Nebenwirkungen sowie seltenerem Therapieabbruch aufgrund solcher Ereignisse. Auf Basis der Daten, die Effekte über den längeren Zeitraum von sieben Jahren abbilden, gebe es bei diesen Endpunkten jedoch entweder keine relevanten Gruppen-Unterschiede, oder aber die Daten seien nicht verwertbar. Letzteres treffe auf den Therapieabbruch wegen unerwünschter Ereignisse zu. Denn hier bezögen sich die Daten im Dossier nicht auf die gesamte Population der Studie, sondern nur auf eine eingegrenzte Population. Ein höherer oder geringerer Schaden sei für Belatacept deshalb nicht belegt. In der Gesamtschau sieht das IQWiG bei Belatacept im Vergleich zu Ciclosporin A deshalb einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Originalpublikation: Belatacept – Nutzenbewertung, Kurzfassung Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 15.10.2015