Bisher existieren wenige Veröffentlichungen über kardiale Komplikationen bei COVID-19. In einem kürzlich erschienenen Fallbericht wird nun von einer mit der Lungenkrankheit assoziierten Myoperikarditis berichtet.
Virusinfektionen sind eine der häufigsten Ursachen für Myokarditiden. Bisher existieren jedoch wenige Berichte über kardiale Komplikationen bei COVID-19. In einem kürzlich in JAMA veröffentlichten Fallbericht aus Italien wird von einer 53-jährigen Patientin berichet, die eine Woche nach Auftreten von Fieber und trockenem Husten eine akute Myoperikarditis entwickelte.
Eine ansonsten gesunde 53-jährige Frau stellte sich mit schwerer Müdigkeit in der Notaufnahme vor. Brustschmerzen, Atemnot oder weitere Symptome verneinte sie. Jedoch berichtete sie, Fieber und trockenen Husten in der vorherigen Woche gehabt zu haben. Inzwischen war sie fieberfrei, jedoch hypotensiv (90/50 mmHg) mit einer Herzfrequenz von 100/min. Die Sauerstoffsättigung betrug 98 %, die Körpertemperatur 36,6 °C. In der arteriellen Blutgasanalyse zeigte sie folgenden Befund:
In der initialen Elektrokardiographie zeigte sich eine periphere Niedervoltage sowie eine leichte ST-Hebungen in den meisten Ableitungen sowie eine ST-Senkung mit T-Inversion in den Ableitungen V1 und aVR.
Blutuntersuchungen ergaben erhöhte Spiegel von hochsensitivem Troponin T (0,24 ng/ml), CK-MB (20,3 ng/ml) und NT-proBNP (5.647 pg/ml). Das Röntgen-Thorax lieferte keine pathologischen Befunde. In der transthorakalen Echokardiographie (TTE) ergaben sich folgende Befunde:
Die anschließend durchgeführte Koronarangiographie ergab keine Hinweise auf Koronarstenosen erbrachte.
Mit der Verdachtsdiagnose einer Myoperikarditis wurde die Patientiin auf die Intensivstation eingewiesen. Aufgrund der Anamnese und der derzeitigen COVID-19-Pandemie wurden Nasen-Rachen-Abstriche entnommen, die ein positives Ergebnis für SARS-CoV-2 in der PCR erbrachten. Um eine Herzbeteiligung zu verifizieren, wurde eine kardiale Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Hierbei zeigte sich eine Wandverdickung mit diffuser biventrikulärer Hypokinesie, insbesondere in apikalen Segmenten, sowie eine schwere linksventrikuläre Dysfunktion (LVEF < 35 %). In STIR- und T2-Mapping-Sequenzen fand sich ein ausgeprägtes biventrikuläres interstitielles Myokardödem. Die gesamte Myokardwand zeigte ein diffuses Delayed Enhancement. Außerdem lag insbesondere um den rechten Ventrikel ein Perikarderguss vor. Bei erfüllten Lake-Louise-Kriterien wurde auf eine Myokardbiopsie verzichtet.
In den nächsten Tagen blieb die Patientin hypotensiv (systolisch < 90 mmHg) und benötigte Dobutamin als Inotropikum. Die NT-proBNP-Spiegel nahmen weiter zu, hs-Troponin T und CK-MB dagegen ab. Der Blutdruck stabilisierte sich progressiv, sodass die Dobutamingabe am vierten Tag beendet wurde. Eine Therapie der Herzinsuffizienz wurde mit Canrenoat (Aldosteronantagonist), Furosemid (Schleifendiuretikum) und Bisoprolol (Betablocker) begonnen. Bei Aufnahme erhielt die Patientin Acetylsalicylsäure (2 x 500 mg/d intravenös) und nach Befundung des Kardio-MRT Hydroxychloroquin (2 x 200 mg/d), Lopinavir/Ritonavir (2 x 400/100 mg/d) sowie Methylprednisolon (1 mg/kgKG/d für 3 Tage).
Am sechsten stationären Tag zeigte die TTE eine Verringerung der Wandverdickung, eine Verbesserung der LVEF und eine Abnahme des Perikardergusses. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Papers befand sich die Patientin in stationärer Behandlung unter fortschreitender klinischer und hämodynamischer Verbesserung.
Dieser Fallbericht zeigt, dass COVID-19-Patienten auch ohne kardiovaskuläre Vorgeschichte und ohne Anzeichen einer Atemwegsinfektion kardiale Komplikationen entwickeln können. Vermutet wird hierbei, dass sich die Viren über das Blut oder Lymphsystem in das Herzgewebe ausbreiten. Alternativ könnte eine Hyperinflammation die Myokardschäden auslösen, was die Verwendung von Glukokortikoiden rechtfertigen würde. Da eine Endomyokardbiopsie nicht durchgeführt wurde, fehlen histopathologische Hinweise auf die zugrundeliegende Pathogenese der Myokarditis.
Bildquelle: Patrick J. Lynch, Wikimedia Commons