Vor wenigen Tagen haben wir euch einen exklusiven COVID-19-Fall vorgestellt. Aufgrund eures großen Interesses berichten wir nun weiter über den aktuellen Verlauf des 45-jährigen Patienten.
Wir begleiten die Behandlung eines Patienten, der sich in der Notaufnahme einer Münchner Klinik vorstellte. Wer den Fall nicht kennt, kann hier alles nachlesen. CT-Bilder von Tag 1 und 5 sind zur Ansicht dabei.
Wie bereits beschrieben, wurde der Patient an Tag 10 (27.03.2020) nach stationärer Aufnahme aufgrund respiratorischer Erschöpfung intubiert und auf die Intensivstation verlegt. Zusätzlich wurde nun nach klinischer Abwägung des Verlaufs Hydroxychloroquin als möglicherweise wirksame Therapie gegen COVID-19 verabreicht.
Das CRP lag zunächst bei 8,1 (<0,5) mg/dl und betrug an Tagen 11, 12 und 13: 13,0 mg/dl, 15,6 mg/dl und 14,8 mg/dl. Das Procalcitonin lag stabil bei ca. 0,2 (<0,1) ng/ml. Die empirische Antibiotikatherapie (wegen erhöhtem PCT) mit Piperacillin/Tazobactam wurde fortgesetzt.
Der Patient war an Tagen 11 und 12 stabil, es kam zu keinem Zeitpunkt zum Einsatz von Katecholaminen.
An Tag 13 erfolgte die Extubation und bis Tag 14 benötigte der Patient bis zu 6 l /min O2 über eine Reservoirmaske. An Tag 14 fiel das CRP auf 9,1 mg/dl. Auch IL-6 fiel und normalisierte sich am Tag 14.
An Tag 15 konnte der Patient auf die Normalstation verlegt werden und wurde von Piperacillin/Tazobactam auf Azithromycin als orale Antibiotikatherapie bei einem CRP von 5,2 mg/dl umgestellt. Der Patient benötigte nun nur noch 1 l/min O2 über eine Nasenbrille.
Der Verlauf zeigt somit erfreulichweise die langsame Erholung des Patienten nach einer schweren COVID-19 Erkrankung. Er zeigt auch, wieviel Zeit seit Erkrankungsbeginn vergeht, bis es zur respiratorischen Erschöpfung kommt, bei unserem Patienten war dies an Tag 10.
In einer Lancet-Publikation von Zhou et al. 2020 über 191 stationäre COVID-19 Patienten betrug der Krankenhausaufenthalt von überlebenden Patienten im Durchschnitt 12 Tage [1].
Die Zeit vom Beginn der Erkrankung bis zur Entlassung jedoch 22 Tage. Dyspnoe begann etwa 7 Tage nach Beginn der Erkrankung und das Intervall bis zum ARDS betrug 10 Tage. Viren konnten etwa 20 Tage seit Erkrankungsbeginn nachgewiesen werden.
Konkret bedeutet das, dass – laut dieser Publikation [1] – Fieber und Husten rasch eintretende Symptome sind, die Dyspnoe aber erst um Tag 7 herum beginnt (sowohl bei Überlebenden als auch Verstorbenen).
Das Auftreten eines ARDS bzw. die Aufnahme auf einer Intensivstation lagen bei dieser Studie im Durchschnitt bei Tag 12. Bzgl. der Laborparameter zeigte die Publikation, dass ein sehr hohes Ferritin wie bei unserem Patienten von > 1000 ng/ml ein negativer Prognoseparameter ist, ebenso ein IL-6 von über 8 pg/ml.
Insbesondere jetzt ist die ebenso zügige wie präzise Durchführung klinischer Studien und die – zumindest retrospektive Auswertung – möglichst vieler Patientenverläufe für die weitere Diagnostik und Therapie von COVID-19 Patienten entscheidend.
[1] Zhou, F. et al. (2020) “Clinical course and risk factors for mortality of adult inpatients with COVID-19 in Wuhan, China: a retrospective cohort study” Lancet 2020; 395:1054-1062
Wir danken den Autoren:
Kathrin Heinrich, Michael S. von Bergwelt-Baildon, Martin R. Weihrauch, Wolfgang G. Kunz