Bisher lässt sich nicht zuverlässig voraussagen, welche Patienten ein hohes Risiko für die Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung haben. Münchner Ärzte haben dafür jetzt einen möglichen Biomarker ausgemacht.
Während die meisten SARS-CoV-2-Infizierten nur leichte Symptome aufweisen, entwickelt ein relevanter Anteil einen schweren Krankheitsverlauf mit zunehmender Hypoxie bis hin zum akuten Atemnotsyndrom (ARDS). Bisher lässt sich nicht zuverlässig voraussagen, welche Patienten ein hohes Risiko für ein Atemversagen und die Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung haben. Für die überlasteten Intensivstationen wäre das aber ein hilfreiches Mittel, um Patienten besser einordnen zu können. Münchner Ärzte haben jetzt einen möglichen Prädiktor für die Verschlechterung des Krankheitsverlaufs ausgemacht.
In ihrer Studie untersuchten die Mediziner vom Universitätsklinikum München 40 COVID-19-Patienten, die dort stationär behandelt wurden. Dabei fanden sie heraus, dass sich diejenigen Patienten, die maschinell beatmet werden mussten (13 von 40; 32,5 %), in Alter, Komorbiditäten, radiologischen Befunden, Atemfrequenz oder qSofa-Score nicht von Patienten unterschieden, die dies nicht benötigten.
Ein Wert stach besonders hervor: Erhöhtes Interleukin-6 (IL-6) war stark mit der Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung assoziiert (p=1,2*10⁻⁵). Darüber hinaus sagte der maximale IL-6-Spiegel (Cutoff 80 pg/ml) für jeden Patienten während der Erkrankung mit hoher Genauigkeit ein Atemversagen voraus (p=1,7-10⁻⁸, AUC=0,98). Das Risiko eines Atemversagens für Patienten mit IL-6-Spiegeln von ≥ 80 pg/ml lag bei 92 % und war damit 22-mal höher als bei Patienten mit niedrigeren IL-6-Spiegeln.
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass selbst mäßig erhöhte IL-6-Spiegel über 80 pg/ml ausreichen, um COVID-19-Patienten mit einem hohen Risiko für ein Atemversagen zu identifizieren. Allerdings sind weitere Studien mit größerer Stichprobenzahl erforderlich, um die Ergebnisse zu validieren und einen genaueren Cutoff zu bestimmen.
Dennoch könnte sich IL-6 als ein wirksamer Biomarker erweisen, der als Parameter für eine therapeutische Intervention verwendet werden könnte. Er könnte somit Ärzten dabei helfen, Patienten in einem frühen Stadium der Erkrankung richtig einzuordnen.
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