Nach sechs Jahren Studium zieht so manch designierter Mediziner Abendgarderobe und Rampenlicht der OP-Beleuchtung vor. Ein Einblick, welche Wege Prominente mit Medizin-Vergangenheit zurücklegen und wie diese oft trotzdem die Verbindung zur Medizin halten.
Es gibt viele Mediziner, die trotz der Liebe zum Fach nicht den typischen Weg als Arzt im Krankenhaus oder in der eigenen Praxis eingeschlagen haben. Viele kommen mit dem Druck in der Klinik oder dem Stress in der Patientenversorgung nicht zurecht, andere merken, dass ihnen das Rampenlicht viel mehr zusagt. Schon der berühmte Naturwissenschaftler Charles Darwin studierte Medizin, brach das Studium aber ab, weil er mit den damaligen OP-Zuständen nicht zurecht kam – es gab noch keine Narkose. Che Guevara studierte Medizin in Buenos Aires, bevor ihn die Zustände Kubas zum Guerillaführer werden ließen. Auch heutzutage gibt es einige Promis, die sich für Alternativen zur Medizinerkarriere entschieden haben. Wir stellen einige dieser Individuen vor.
Der wohl bekannteste deutsche Mediziner-Promi: Eckart von Hirschhausen. Er studierte in Berlin, Heidelberg und London Medizin und arbeitete anschließend bis 1994 in einer Kinderklinik. Schon während des Studiums sammelte er erste Erfahrungen als Moderator und Zauberkünstler. Viel später gelang ihm dann auch der Durchbruch auf der Bühne. Anfangs versuchte er sich als Kabarettist, Stand-up-Comedian und Zauberer, doch schnell merkte Hirschhausen, dass vor allem seine medizinischen Inhalte beim Publikum gut ankommen. So erschuf er das „medizinische Kabarett“ als neues Genre und ist heute äußerst erfolgreich mit seinen Shows: „Ich fühle mich wie eine Art moderner Medizinmann, der einerseits medizinisches Wissen hat, aber auch weiß, dass dieses nur transportiert wird, wenn man etwas Show macht, die Emotionen der Menschen berührt. [...] Das ist letztlich das, was mich vor 20 Jahren bewogen hat, aus dem Krankenhaus auf die Bühne zu gehen.“ Außerdem hat das Leben als berühmter Kabarettist auch einige Vorteile dem Arzt-Dasein gegenüber: „[...] ich bin in der privilegierten Lage, selbst entscheiden zu können, wann ich Zeit mit der Familie verbringe und wann ich schreibe oder auftrete. Ich fühle mich nicht hilflos einer Maschine ausgeliefert, sondern bin dankbar, dass ich heute mit Leichtigkeit Menschen treffen kann, an die ich als Oberarzt in einem Krankenhaus nie herangekommen wäre.“ Er sagt selbst, dass das Krankenhaus alleine ihn nicht glücklich gemacht hätte. „Ich wäre [...] vermutlich langfristig in der Klinik vor die Hunde gegangen, denn meine Kreativität hat als Schattenseite auch ein etwas chaotisches Verhalten. Im Krankenhaus ungünstig, auf der Bühne ein Vorteil.“ Auch Fernsehmoderatorin Susanne Holst ist studierte Ärztin. Nach ihrem Medizinstudium arbeitete sie in einer Allgemeinmedizinpraxis, bevor sie den Job an den Nagel hängte und ins Fernsehbusiness einstieg. Durch ihren damaligen Freund kam sie noch während des Studiums zu SAT.1, wo sie als CvD-Assistentin in der Nachrichtenredaktion anfing und sich dann zur Moderatorin von „Guten Morgen mit Sat.1“ hocharbeitete. Dem Thema Gesundheit bleibt sie bis heute treu, sie moderierte vor allem Gesundheitssendungen wie „Bleib gesund“, „DAS! tut gut“ und „Visite“. Seit 2001 ist sie auch in den Nachmittagsausgaben der „Tagesschau“ zu sehen. Ihre Medizinkenntnisse verhalfen ihr dazu, seit 2011 jeden Monat beim ARD-Ratgeber Gesundheit im Einsatz zu sein.
So manch hochrangiger Politiker kann auch auf eine medizinische Vergangenheit zurückblicken. So zum Beispiel Phillipp Rösler, ehemaliger FDP-Vorsitzender. Von 1993 bis 1999 studierte er in Hannover Medizin, promovierte dann mit einer Arbeit aus dem Bereich der Herzchirurgie und begann anschließend eine Facharztausbildung zum Augenarzt, die er aber nicht beendete. Er entschied sich stattdessen für seine FDP-Laufbahn und wurde später Bundesgesundheitsminister, wechselte dann aber ins Wirtschaftsressort. Mittlerweile hat er der Politik den Rücken gekehrt und arbeitete zuletzt als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied eines Weltwirtschaftsforums in der Schweiz. Doch wer weiß, vielleicht macht ja bald in Hannover eine neue Praxis „Dr. Rösler“ auf? Eine weitere sehr bekannte Politikerin mit medizinischem Hintergrund: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen. 1987 schloss sie in Hannover erfolgreich ihr Medizinstudium ab und arbeitete im Anschluss an der Frauenklinik der MHH als Assistenzärztin. Ihre Medizinkarriere blieb jedoch lückenhaft; kein Wunder, schließlich wurde von der Leyen nebenher Mutter von sieben Kindern – und Politikerin. Aktuell in den Schlagzeilen ist von der Leyen aber wieder aus zumindest teils medizinischen Gründen. Ihre Doktorarbeit über C-reaktives Protein zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms steht unter Plagiatsverdacht. Wie auch schon Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg, scheint der Verteidigungsposten diesbezüglich nicht viel Glück zu bringen.
Michael Dell, Chef des erfolgreichen Computerherstellers DELL, liebäugelte mit dem Arztwunsch. Der Sohn eines Kieferorthopäden studierte Medizin. Doch statt sich auf sein Studium zu konzentrieren, handelte er lieber mit Rechnern. Zusammen mit einem Kommilitonen gründete er schon bald ein Unternehmen in Texas. Und das zahlte sich aus. Heute gehört Dell zu den reichsten Tech-Milliardären der Welt. Das Medizinstudium blieb aber auf der Strecke. Im Gegensatz dazu schloss der Finanzmanager Alexander Dibelius nach einem Abitur von 1,0 sein Medizinstudium in München und Freiburg ab und arbeitete anschließend als Assistenzarzt in der Herzchirurgie. Krankenhaushierarchien und Arbeitsroutine sieht er jedoch heute so: „Bypass, Herzklappe, Visite, Bypass, Herzklappe, Visite“.
Die große Leinwand zieht so manchen designierten Mediziner selbstverständlich auch an: So beispielsweise Maria Furtwängler. Sie übernahm zwar schon als Kind Schauspielrollen, entschloss sich nach dem Abitur aber erst einmal, Medizin in Montpellier zu studieren. Anschließend promovierte sie in München und arbeitete dann als Internistin. Doch nebenbei schauspielerte sie auch und war zunehmend unzufrieden mit ihrer ärztlichen Praxistätigkeit: „Ich drohte von einem Multitalent zur Multidilettantin zu werden. [...] Ich habe [...] irgendwann gemerkt, ich muss mich entscheiden. Ich will es mal salopp formulieren: Mit zwei Kleinkindern, angesichts der vielen Nacht- und Wochenenddienste, schien mir die Lebensqualität einer Schauspielerin größer. Und für mich war dieser neue Beruf auch eine enorme Herausforderung.“ Inzwischen ist Maria Furtwängler aber auch Präsidentin des Kuratoriums von „Ärzte für die Dritte Welt“ und ein weithin wahrgenommenes Sprachrohr für den medizinischen Hilfseinsatz in armen Ländern. Auch die Schauspielerin Christiane Paul studierte zunächst Medizin und promovierte an der Charité. Als Tochter einer typischen Arztfamilie – Vater Chirurg und Orthopäde, Mutter Anästhesistin – war dieser Lebensweg quasi vorprogrammiert. Doch keine zwei Jahre später gab auch sie der Medizin den Laufpass. Keine einfache Entscheidung: „[...] die Chirurgie [war] mein Traumberuf [...]. Ich habe eigentlich immer darauf hingearbeitet, das mal beruflich zu machen. Als ich dann an der Charité gearbeitet habe, hat mir das auch wahnsinnig Spaß gemacht – es hat mich gefordert und gereizt. Aber der emotionale Reiz, es mit der Schauspielerei weiter zu probieren, war letztendlich größer.“ Ganz von der Medizin konnte sich aber auch sie nicht verabschieden: In der ZDF-Reihe „Der Doc und die Hexe“ spielte sie bis zuletzt eine Ärztin – wenn auch eine ganz und gar alternative.
Weniger bekannt ist, dass Mark Tavassol – Bassist bei „Wir sind Helden“ – Medizin in Hamburg studierte und bis 2004 als Arzt im Praktikum arbeitete. Schnell brachte ihn die Doppelbelastung aus Klinik und erfolgreicher Band an seine Grenzen, sodass ihm sein damaliger Chef eine Teilzeitstelle anbot. „Ein Jahr lang habe ich nahezu keinen freien Tag gehabt. Ich schob Nachtdienste in der Notaufnahme, am nächsten Tag hatte ich frei, bin mittags zum Proben nach Berlin gefahren und abends wieder zurück.“ Irgendwann hängte Mark den Arztberuf dann ganz an den Nagel. Doch er kann sich gut vorstellen, irgendwann in die Medizin zurückzukehren: „Eine Perspektive sehe ich in der Musik – und in der Medizin.“ Über medizinische Erfahrungen können sich auch die Schriftsteller Rainald Goetz, Antonia Michaelis oder Michael Crichton ausgiebig unterhalten. Allen gemeinsam ist ihre Leidenschaft fürs Schreiben – und natürlich die Ausbildung zum Arzt. Rainald Goetz, der in der Jugendpsychiatrie promovierte, lässt seine Arbeit dort literarisch in seine Werke – wie den Roman „Irre“ – einfließen. Auch seine Doktorarbeit soll schon durch einen unüblichen literarischen Stil aufgefallen sein. Und 1977 schrieb er für die Süddeutsche Zeitung eine dreiteilige Artikelserie mit dem Titel „Aus dem Tagebuch eines Medizinstudenten“. Vor kurzem wurde Goetz mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet, dessen berühmter Namensgeber übrigens auch mal Medizin studierte. Kinder- und Jugendbuchautorin Antonia Michaelis bereiste die Welt und arbeitete in vielen kleinen Krankenhäusern, oft auch abseits der Zivilisation. Aus den dort gemachten Erfahrungen schöpfte sie die Ideen für ihre Kinderbücher. Doch letzten Endes hielt auch sie der Doppelbelastung aus ärztlicher und schriftstellerischer Tätigkeit nicht stand und verlegte sich schließlich ganz aufs Schreiben: „Ich habe ein fertiges Studium, aber das hängt am Nagel. Hängt gut da, denke ich. [...] ich bin nie in Vorlesungen gegangen (wann auch?) und grundsätzlich im Chirurgie-PJ am OP-Tisch fest eingeschlafen, Haken-haltend. Ich kann 5-stündige BauchOPs um Mitternacht schlafend verbringen, man muss mich nur ab und an wecken [...].“ Richtig medizinische Krimis schrieb dagegen Autor und Regisseur Michael Crichton. Als Erfinder von Emergency Room hat es bestimmt nicht geschadet, Wissen über die ärztliche Tätigkeit zu haben. Der Amerikaner studierte u. a. an der renommierten Harvard Medical School. Um Geld zu verdienen, verfasste er nebenbei unter verschiedenen Pseudonymen Spionagethriller. Schließlich konzentrierte sich Michael Crichton ganz aufs Schreiben: „Die Entscheidung, die Medizin für die Schriftstellerei aufzugeben, kam den meisten Leuten so seltsam vor, als würde jemand seine Stelle als Verfassungsrichter verlassen, um Privatdetektiv zu werden“.
Eine letzte Sparte fehlt noch, die Mediziner gerne besiedeln: der Sport. Helge Meeuw war lange einer der besten deutschen Rückenschwimmer. Nebenbei studierte Meeuw Medizin in Magdeburg. Diese duale Karriere und die Versorgung einer zweijährigen Tochter glich aber oftmals einer Herkulesaufgabe: „Es ist immer ein Jonglieren mit Prioritäten gewesen, bei denen man auch viele Opfer bringen musste.“ Schon seine Eltern waren sowohl erfolgreiche Schwimmer als auch Ärzte. Das versuchte Meeuw nachzuahmen. Doch auf die Dauer musste auch er sich auf eine Tätigkeit konzentrieren. Er entschloss sich für seine Familie – und für die Medizin. Vor zwei Jahren gab er das offizielle Ende seiner Profisportlerkarriere bekannt und ist glücklich damit: „Hier hat man alles, was man braucht“. Aus dem Sport hat er einiges fürs Medizinstudium mitgenommen: „Ich schwimme nicht schnell, wenn ich nicht trainiert habe, und bestehe kein Testat, wenn ich nicht gelernt habe. Die Effizienz aus dem Sport hilft mir auch in Studienphasen.“ Ähnlich erging es Mark Warneke. Der Unfallchirurg ist gleichzeitig auch ältester Schwimmweltmeister. Schon zu Studienzeiten gehörte er zu den wenigen deutschen Top-Athleten im Schwimmsport. Fragte man ihn damals nach nach der Vereinbarkeit von Studium und Sport, zählte er im Stakkato „Zeitnot, Chaos, Hektik, Schlafdefizit, Fast Food, Dauerstress“ auf. Warneke gewann im ungewöhnlich hohen Alter von 35 Jahren 2005 den Weltmeistertitel über 50 m Brust. Heute vertreibt er durch sein eigenes Unternehmen Nahrungsergänzungsmittel für Sportler im Rahmen seines eigens entwickelten Diätkonzepts. Er leitet außerdem eine orthopädische Privatpraxis in Witten. Egal ob Arzt oder ein anderer Beruf, jeder dieser Promimediziner hat seinen eigenen Weg gefunden. Viele sind der Medizin dennoch treu geblieben und schätzen für ihren jetzigen Job die Erfahrungen aus dem Studium und ärztlicher Tätigkeit. Medizin ist ein Fach, das unendlich viele Möglichkeiten bietet, eben auch abseits der Klinik, eigenen Praxis oder Pharmaindustrie und Forschung.