In Zeiten des Lockdowns entdecken viele Menschen den Sport für sich. Doch die empfohlenen 1,5 Meter Mindestabstand seien zu wenig, warnen Forscher. Welche Empfehlungen haben sie errechnet?
Man sieht sie derzeit überall: die Jogger, Walker oder Radler. Deutschland ist sportlich wie nie zuvor, und die meisten Menschen achten auf 1,5 bis 2,0 Meter als Mindestabstand. Manche Städte wie Hamburg haben beliebte Wege sogar mit Markierungen versehen.
Physiker um Bert Blocken aus den Niederlanden und aus Belgien fordern auf Basis verschiedener Simulationen je nach Sport bis zu 20 Meter Distanz. Ihr Artikel wurde gerade als Preprint veröffentlicht.
Wissen aus dem Profi-Training für die Infektiologie
Blocken selbst hat schon früher mit Messungen im Windkanal und Berechnungen die Aerodynamik bei Radrennen untersucht, um Strategien von Profisportlern zu verbessern. Seine Methodik setzte er jetzt ein, um herauszufinden, wie sich feine Speicheltröpfchen verhalten. Das gängige Modell, auf 1,5 bis 2,0 Meter Distanz zu achten, basiert auf der Annahme, dass Menschen in Ruhe sind und virenhaltige Aerosole schnell zu Boden sinken.
Im Labor bewegten sich Probanden bei Windkanal-Messungen hintereinander, nebeneinander oder seitlich versetzt. „Wir haben zwei Personen gehen und rennen lassen, um zu sehen, wie weit die Tröpfchen tatsächlich in Richtung der anderen Person reichen“, sagt Blocken. „Wenn man läuft oder Rad fährt und dabei ausatmet, werden zahlreiche, nur wenige Mikrometer große Tröpfchen ausgestoßen. Und wenn man zu nahe an der anderen Person ist, bekommt man deren Tröpfchen ins Gesicht.“
Wer im Windschatten eines anderen Sportlers läuft oder Rad fährt, erhält die größte Dosis an Aerosolen. Besser ist, nebeneinander oder seitlich versetzt zu trainieren. Grafik: Blocken et al.
Aus der Studie geht hervor, dass soziale Distanzierung für zwei Personen nach den geltenden Regeln funktioniert, falls sie nebeneinander laufen oder gehen. Denn ausgeatmete Tröpfchen landen aufgrund der Strömung hinter ihnen. Falls sie schräg versetzt Sport treiben, ist das Risiko, mit Aerosolen des vorderen Sportlers in Kontakt zu kommen, immer noch überschaubar.
Aufgrund seiner Experimente rät Blocken aber davon ab, sich im Windschatten anderer Läufer oder Fahrradfahrer zu bewegen. Denn so landet die geballte Dosis auf dem eigenen Körper. Sollten Personen hintereinander in einer Linie Sport treiben, sind folgende Abstände erforderlich:
Bei Überholmanövern empfiehlt der Physiker, bereits 20 Meter zuvor die Spur zu wechseln, weil man diagonal versetzt weniger in Kontakt mit Aerosolen der anderen Person kommt.
Mit seiner Studie will Blocken Sport sicherer machen, aber keineswegs verbieten: „Solange man sich nicht in der Nähe einer anderen Person bewegt, besteht keinerlei Risiko.“ Genau deshalb hält er es für schwierig, Mannschaftsspiele wie Fußball momentan zu erlauben.
Bildquelle: Fitsum Admasu / Unsplash