Thoraxradiologen haben eine Konsenserklärung veröffentlicht. Darin geht es um die Rolle der Thoraxdarstellung mittels Röntgen- und CT-Untersuchungen bei der Behandlung von COVID-19-Patienten.
Die Fleischner Society ist eine internationale Vereinigung von Thoraxradiologen und hat eine Konsenserklärung zur Thoraxdarstellung veröffentlicht. An dieser Erklärung beteiligten sich Experten für Thoraxradiologie, Pulmologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Labormedizin und Infektionskontrolle aus zehn verschiedenen Ländern. Diese Länder gehören zu den weltweit am stärksten von COVID-19 betroffenen Nationen.
Den Experten des Gremiums zufolge sei die Rolle von CT- und Röntgenaufnahmen des Thorax bisher bei der Behandlung von COVID-19 nicht klar definiert, insbesondere bzgl. der Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung und des Progressionsrisikos sowie der Vortestwahrscheinlichkeit. Dabei sei zu bedenken, dass die Bedingungen auf der Welt sehr unterschiedlich seien. Ziel der gemeinsamen Erklärung sei es deshalb, Ärzten eine Anleitung zu bieten, die unterschiedliche Behandlungsbedingungen einbezieht und auf breiter Basis angewendet werden kann.
Aus diesem Grund bewertete das Expertengremium nun den Nutzen der bildgebenden Verfahren anhand drei unterschiedlicher Szenarien, die Risikofaktoren, Bedingungen der jeweiligen Gemeinden und Ressourcenbeschränkungen berücksichtigen. Diese Szenarien umfassen verschiedene Knotenpunkte, an denen die Bildgebung potenziell klinisch verwertbare Informationen liefert. Hier wurden drei zusätzliche Situationen identifiziert wurden, in denen die Thorax-Bildgebung ebenfalls häufig in Betracht gezogen wird.
Die drei Szenarien haben die Autoren anhand von Grafiken veranschaulicht:
Rubin G D, Ryerson C J, Haramati L B, et al. The role of chest imaging in patient management during the COVID-19 pandemic: a multinational consensus statement from the Fleischner Society. Radiology doi: 10.1148/radiol.2020201365. Published online April 7, 2020. © Radiological Society of North America.
Die Autoren betonen jedoch am Ende ihrer Konsensuserklärung, dass diese zu einem Zeitpunkt verfasst wurde, in dem das Umfeld hochdynamisch ist. Zudem gebe es tägliche regionale Schwankungen in Bezug auf den Status der Epidemie sowie auf die Verfügbarkeit kritischer Ressourcen zur Bekämpfung von COVID-19. Und auch die Evidenzbasis, die den Einsatz der Bildgebung in den verschiedenen Szenarien unterstützt, sei bisher nur spärlich. Die Empfehlungen könnten jedoch durch wissenschaftliche Untersuchungen und je nach Entwicklung der Situation verfeinert werden.
Zudem könnten die bildgebenden Verfahren auch unterstützend eingesetzt werden, wenn wirksame Behandlungsmethoden gegen COVID-19 gefunden würden. So könnten diese gegebenenfalls das Therapieansprechen von Patienten überprüfen oder solche Patienten identifizieren, die wahrscheinlich von einer Therapie profitieren würden.
Auf die bisher nur spärlichen Daten zur Aussagekraft bildgebender Verfahren weisen auch Wissenschaftler in einem kürzlich im Fachmagazin American Journal of Roentgenology hin. Sie betonen, dass es zu Lungenentzündungen, die durch COVID-19 ausgelöst werden, bisher nur eine begrenzte Anzahl retrospektiver Studien gebe. Einige der meist zitierten Studien haben sie sich bezüglich der Verwendung von Thorax-CTs zur Diagnostik von COVID-19 genauer angesehen. Sie kommen zu dem Schluss, dass die CT für die Beurteilung von Komplikationen einer COVID-19-Pneumonie oder bei Verdacht auf alternative Diagnosen vorbehalten bleiben sollte, bis weitere, qualitativ hochwertige Daten, zur Verfügung stehen. Damit deckt sich die Einschätzung der Autoren im Grunde mit der Einschätzung der Konsensuserklärung. Auch in dieser werden bildgebende Verfahren hauptsächlich zur Verlaufskontrolle empfohlen, es sei denn, Patienten zeigen Symptome bzw. es stehen keine Tests zum Nachweis von SARS-CoV-2 zur Verfügung und es besteht ein hoher Verdacht auf eine Infektion.
Quelle: © Rubin GD et al. / Radiology
Bild: © Case courtesy of Dr Fabio Macori / Radiopaedia