Das Protein Syndecan-4 ist an der Entstehung von allergischem Asthma maßgeblich beteiligt. Es führt die Antigen-präsentierenden Zellen (ATCs) zu den T-Zellen und löst somit eine Kettenreaktion aus, die die Sensibilisierung für ein Antigen einleitet.
In Deutschland leiden 10 bis 15 Prozent der Kinder an allergischem Asthma, das unter Einwirkung von Umweltschadstoffen häufig noch verstärkt wird. Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten können die Krankheitssymptome zwar wirksam gelindert, nicht aber die Ursache selbst bekämpft werden. Denn wie es genau zu allergischem Asthma kommt, ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Tobias Polte und seinem Team vom Department Umweltimmunologie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung ist es in Zusammenarbeit mit Jan Simon und seinen Kollegen von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Leipzig gelungen, ein Molekül aufzuspüren, das an der Entstehung von allergischem Asthma maßgeblich beteiligt ist. Das Protein mit dem Namen Syndecan-4 hat seinen Platz in der Zellmembran von Antigen-präsentierender Zellen (APCs). Diese nehmen körperfremde Stoffe auf und wandern zum nächstliegenden Lymphknoten, um sie dort auf ihrer Oberfläche weiteren T-Lymphozyten zu präsentieren. Damit setzen sie eine Kettenreaktion in Gang, die die Sensibilisierung für ein bestimmtes Antigen, wie beispielsweise einem Pollenallergen, initiiert. Bei erneutem Kontakt mit diesem Pollenallergen treten dann die typischen Symptome von allergischem Asthma auf. „In unserer Studie konnten wir zeigen, dass Syndecan-4 für die Migration, also die Wanderung der Antigen-präsentierenden Zellen im Gewebe eine zentrale Rolle spielt“, sagt Polte. „Fehlt Syndecan-4, finden die APCs nicht den Weg zu den T-Lymphozyten und können diese nicht aktivieren. Folglich wird auch die Kettenreaktion gar nicht erst in Gang gesetzt, und die Sensibilisierung für ein Antigen unterbleibt.“
In Untersuchungen an der Universität Leipzig konnten die Forscher weiterhin zeigen, dass Syndecan-4 in den APCs auch beim Entzündungsprozess des allergischen Asthmas eine zentrale Rolle spielt: So besserten sich die Krankheitssymptome von Mäusen mit allergischem Asthma, wenn ihnen Antikörper gegen Syndecan-4 gegeben wurden. „Syndecan-4 wäre prinzipiell ein guter Ansatzpunkt für neue Therapiemöglichkeiten“, sagt Polte. „Da es aber noch viele andere Funktionen im Zellstoffwechsel innehat, sind mögliche Nebenwirkungen derzeit aber noch schwer abzuschätzen.“ Um die Beschwerden von Patienten mit allergischem Asthma zu lindern, wird die Behandlung der entzündeten Atemwege mit Glukokortikoiden und die Verwendung eines bronchienerweiternden Asthmasprays auch in den kommenden Jahren weiter im Vordergrund stehen. „Eine wirksame Therapie, mit der die Ursache bekämpft werden kann, wird es erst geben können, wenn wir die Zusammenhänge der Entstehung von allergischem Asthma besser verstanden haben“, sagt Polte. „In unserer Studie konnten wir mit Syndecan-4 einen wichtigen Baustein identifizieren, mit dem wir auf der Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten vielleicht schon ein Stück weitergekommen sind.“ Originalpublikation: Critical role for syndecan-4 in dendritic cell migration during development of allergic airway inflammation Tobias Polte et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms8554; 2015