Bei Fehlreaktionen können Antikörper auch den eigenen Organismus schädigen. Ob eine körpereigene Zelle zerstört wird oder nicht, entscheidet dabei die Zuckerstruktur Sialinsäure. Führt diese Erkenntis zu neuen Thrapiemöglichkeiten bei Autoimmunerkrankungen?
Bei einigen Autoimmunerkrankungen ist das Abwehrverhalten des Immunsystems fehlgeleitet: Die Antikörper richten sich nicht nur gegen fremde Substanzen, sondern greifen auch körpereigene Zellen an. Nachdem die Antiköper Zellstrukturen an der Zelloberfläche gebunden haben, können diese Komplementfaktoren aktivieren, die zur Schädigung der Zellmembran und damit zum Tod der Zelle führen.
Forschende unter der Leitung von Prof. Jan Lünemann vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich haben nun in einer Studie herausgefunden, dass eine bestimmte Zuckerstruktur im Antikörper eine entscheidende Rolle bei der durch Komplementfaktoren vermittelten Vernichtung des körpereigenen Gewebes spielt. Antikörper bestehen aus Protein und angekoppelten Zuckergruppen. In früheren Studien zeigte sich, dass im Immunsystem von Patienten mit Autoimmunerkrankungen Antikörper mit der Zuckerstruktur Sialinsäure seltener nachzuweisen sind als bei Gesunden. „Tatsächlich konnten wir beobachten, dass es Patienten mit einer Autoimmunerkrankung gesundheitlich besser geht, je mehr Sialinsäure-tragende Antikörper sie im Blut haben“, berichtet Isaak Quast, Doktorand in der Gruppe von Lünemann und Hauptautor der Studie. Im Labor wurden unterschiedliche Varianten von Antikörper-gekoppelten Zuckerstrukturen hergestellt. „Wir konnten aufzeigen, dass Antikörper, die den Zucker Sialinsäure in sich tragen, nur sehr eingeschränkt körpereigene Zellen vernichten. Unsere Daten weisen darauf hin, dass die Kopplung von Sialinsäure an Antikörper eine mögliche Strategie in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Autoimmunerkrankungen sein könnte“, fasst Lünemann zusammen. Originalpublikation: Sialylation of lgG Fc domain impairs complement-dependent cytotoxicity. Isaak Quast et al.; The Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI82695; 2015