Neben Corona sind in der Apotheke auch andere Dinge passiert. Für alle, die es nicht mitbekommen haben, hier die aktuellen Neuigkeiten aus dem BfArM.
Die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses zu Picato® (Ingenolmebutat) ist abgeschlossen. Bereits am 06. September 2019 begann die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) damit, Daten im Zusammenhang mit Picato® zu überprüfen. Das Gel mit dem Wirkstoff Ingenolmebutat ist seit November 2012 in der EU zugelassen. Grund für die Überprüfung waren mehrere Studien, die bei Patienten, die damit behandelt wurden, eine erhöhte Anzahl von Hautkrebsfällen aufzeigten.
Picato® wurde zur Behandlung von aktinischen Keratosen angewendet, wenn die von aktinischen Keratosen betroffene Oberhaut nicht übermäßig verhornt oder verdickt und erhaben war. Angehörigen der Gesundheitsberufe wurde bereits zu diesem Zeitpunkt empfohlen, Picato® nur mit Vorsicht bei Patienten anzuwenden, die in der Vergangenheit Hautkrebs hatten. Darüber hinaus sollten die Patienten weiterhin auf Hautveränderungen achten, ihren Arzt sofort informieren, wenn sie etwas Ungewöhnliches bemerkten und sich mit Fragen oder Bedenken bezüglich ihrer Behandlung an ihren Arzt wenden.
Am 20. April 2020 wurde diese Überprüfung nun durch die EMA mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass die Risiken den Nutzen des Arzneimittels überwiegen. Wörtlich heißt es dazu:
„Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hat bestätigt, dass Picato® (Ingenolmebutat), ein Gel zur Behandlung von aktinischen Keratosen, das Hautkrebsrisiko erhöhen kann, und kam zu dem Ergebnis, dass die Risiken des Arzneimittels seinen Nutzen überwiegen. Dieses Ergebnis basiert auf der Überprüfung aller verfügbaren Daten über das Hautkrebsrisiko bei Patienten, die Picato® anwendeten, einschließlich der Ergebnisse einer Studie, in der Picato® mit Imiquimod (ein weiterer Arzneistoff gegen aktinische Keratosen) verglichen wurde. Die Studie zeigte ein im Vergleich zu Imiquimod erhöhtes Auftreten von Hautkrebs, insbesondere von Plattenepithelkarzinomen, in den Hautarealen, die mit Picato® behandelt wurden.“
Zudem vertrat der Ausschuss die Auffassung, dass ein therapeutischer Effekt nicht dauerhaft gegeben ist und dass andere Behandlungsmöglichkeiten für aktinische Keratosen zur Verfügung stehen, die weniger risikobehaftet sind.
Damit ist Picato® nicht mehr in der EU zugelassen. Im Januar 2020 wurde bereits vorsorglich das Ruhen der Zulassung angeordnet und am 11. Februar 2020 wurde die Zulassung auf Antrag des Zulassungsinhabers LEO Laboratories Ltd zurückgezogen.
Wichtig für Ärzte, die Picato® verordnet und für die Apotheken, die Picato® an ihre Patienten abgegeben haben, ist folgendes:
Sie sollten Patienten, die mit Picato® behandelt wurden, darüber informieren, dass sie auf ungewöhnliche Hautveränderungen oder -wucherungen achten müssen. Diese können auch noch Wochen bis Monate nach der Anwendung auftreten. Bei Unsicherheiten sollten Patienten immer einen ärztlichen Rat einholen. Patienten, die Fragen oder Bedenken bezüglich ihrer Behandlung haben, sollten ebenfalls ihren Arzt oder Apotheker konsultieren.
Es gibt Anwendungsbeschränkungen aufgrund des Risikos für Meningeome.
Bereits vergangenes Jahr hatte der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) das Risiko für akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) bei der systemischen Anwendung von ibuprofenhaltigen Mono- und Kombinationsarzneimitteln neu bewertet. Dem lagen einige Nebenwirkungsmeldungen zu dieser Arzneimittelreaktion zugrunde.
Die AGEP ist ein akutes, entweder im Zusammenhang mit Infekten oder mit einer Medikamenteneinnahme auftretendes, häufig von Fieber begleitetes, nicht-follikuläres, großflächiges und pustulöses Exanthem. Die Pusteln sind steril. Sie wird zum Typ IV allergischer Hypersensibilitätsreaktionen gezählt. Die AGEP geht mit markanter Leukozytose und Neutrophilie einher und hat die Tendenz zur spontanen Abheilung innerhalb von 4–10 Tagen. Danach setzt typischerweise eine Hautabschuppung ein. Die AGEP gehört zu den schweren kutanen Arzneimittelreaktionen.
Häufig tritt die AGEP auf nach der Einnahme von
Nun fordert das BfArM entsprechende Anpassungen der Produktinformationen. Prinzipiell sollten Arzneimittel, die Ibuprofen enthalten, beim ersten Auftreten von Anzeichen und Symptomen aller schwerwiegenden Hautreaktionen oder sonstigen Anzeichen einer Hypersensibilität abgesetzt werden.
Diese Anpassung der Produktinformationen betrifft auch Nutzer von entsprechenden Standardzulassungen.
Die AMK bittet in diesem Zusammenhang alle Apotheken, bekannt gewordene Verdachtsfälle unerwünschter Wirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von ibuprofenhaltigen Arzneimittel hier zu melden.
Weitere Quellen:
1) BfArM an AMK (E-Mail-Kommunikation); Textanpassungen in Folge von Signalbewertungen durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hier: EPITT Nummer 19409 – Ibuprofen- Standardzulassungen. (21. April 2020)
2) Sidoroff A., et al: Acute generalized exanthematous pustulosis (AGEP) – a clinical reaction pattern. J Cutan Pathol 2001; 28: 113–9.
Bildquelle: Richard Masoner / Cyclelicious, flickr