Wir Hausärzte leisten einen wesentlichen Beitrag in der Corona-Krise. Aber wer wird hofiert? Die Spezialisten. Wer weiß es besser? Die Assistenzärzte in der Klinik. Es ist Zeit, aufzustehen und die Wertschätzung zu verlangen, die wir verdienen.
Die Hausarztpraxen haben sich in den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie bewährt und einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Dies wird uns von verschiedenen Ebenen widergespiegelt. Die Patienten sind stolz darauf, zu unseren Praxen zu gehören und sie beten für uns. Wir Hausärzte waren für sie da, wir sind für sie da, wir sind präsent, wir kümmern uns, wenn was ist. Diese Botschaft ist angekommen.
Auch der Gesundheitsminister erklärte zuletzt mehrfach, die gute hausärztliche Versorgung sei ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erfolges mit niedrigen Todesraten.
Das sehen wir genauso. Und darauf sind wir stolz.
Wir werden bis zur Bereitstellung von ausreichend Impfstoff mit erneuten COVID-19-Fällen und weiteren Infektionswellen rechnen müssen. Und auch dann unserem Auftrag gerecht werden. Wir sind bereit und in der Lage, einen wesentlichen Beitrag an der Basis zu leisten.
Aber wir leben nicht nur von der Anerkennung der Patienten, die auch irgendwann wieder verschwunden sein wird. Deswegen müssen wir jetzt die historische Möglichkeit nutzen, das System zu verändern. Denn im Moment zeigt sich für alle klar ersichtlich die wirkliche Stellung der Allgemeinmedizin. Jetzt, wo es um das Überleben geht.
Und unsere Arbeit ist ja nicht erst seit den letzten Wochen anspruchsvoll, teils gefährlich und wichtig für die Versorgung der Bevölkerung. Nein, das ist schon immer so gewesen. Es wurde nur nie so gesehen.
Die Gelegenheit: Positionierung für die Zukunft
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um aufzustehen und die Wertschätzung zu verlangen, die wir verdienen.
Ich bin es leid, dass jeder junge Assistenzarzt im Krankenhaus glaubt, meinen Patienten erzählen zu können, welche Fehler ihr Hausarzt gemacht hat.
Ich bin es leid, dass an den Universitäten als Sinnbild für die gesamte Ärzteschaft die Allgemeinmedizin nicht gewertschätzt wird. Ich bin die Hofierung der Spezialisten leid, die doch nur von unseren Zielaufträgen leben.
Ich bin es leid, dass die Krankenkassen uns nicht als Ärzte sehen und ich mir von jedem Sachbearbeiter anhören muss, man solle die Patienten zum Facharzt schicken. Und ich will nicht mehr die Barmer hören, die uns erklärt, dass wir zu viel krankschreiben, da alles jetzt über das Telefon so schön leicht sei.
Ich bin es leid für einen Euro mehr Vergütung dankbar zu sein, mich zu verbiegen, mehr zu leisten, mehr, mehr, mehr.
Ich bin es leid, dass sogar in diesen Zeiten kaum über Hausärzte berichtet wird. Wie ist die Lage an der Basis? Wie kommen die Menschen damit klar? Wie kann man die Situation verbessern? Wie können wir die neue Normalität gestalten? Fragt uns doch – wir haben viel zu sagen!
Was wir wollen: Respekt
Wir halten die Versorgung aufrecht, wir sind präsent und beruhigen die Bevölkerung.
Aber dafür wollen wir Informationen. Wir wollen mitgestalten. Wir wollen in die Krisenstäbe. Wir sind wichtig. Wir sind da. Wir sind mächtig.
Die Leistung muss gesehen werden, respektiert werden. Und vergütet werden.
Und da wird es nicht mit einem Euro hier oder da mehr getan sein. Es kann nicht sein, dass wir mit denselben Budgets arbeiten müssen, die wir im vergangenen Jahr erarbeitet haben. Danke, wie gnädig. Das kann den Fachärzten garantiert werden, die sonst von der Pleite bedroht sind. Aber nicht uns! Nicht jetzt! Nicht so! Das ist respektlos.
Im Rückblick muss übrigbleiben: Wir müssen die Krankenhäuser halten und gut ausstatten. Und wir müssen die Hausärzte für die Basisversorgung so stärken, dass wir auch zukünftige Krisen bewältigen können.
Wir leisten, wofür wir uns verpflichtet haben und haben uns nicht weggeduckt. Wir werden für unsere Patienten da sein, auch in diesen Zeiten, auch wenn wir Angst haben. Dafür gebührt uns Respekt.
Über den Autor:Dr. Tim Knoop ist Facharzt für Innere Medizin und hausärztliche Versorgung. Er leitet eine hausärztliche internistische Praxis in Köln mit 24 Angestellten, davon 9 angestellte Ärzte.
Bildquelle: Josh Calabrese, unsplash