Das bisher von der Bundesregierung empfohlene Aufbereitungsverfahren von Schutzmasken ist nicht sicher – so lautet die Kritik des BfArMs.
Der Redaktion von Frontal 21 liegt ein offzielles Schreiben des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor. Darin geht es um die Aufbereitung von Schutzmasken. Das bisher empfohlene Verfahren scheint nicht effektiv genug zu sein. Da es seitens des BfArMs bislang keine offizielle Nachricht zum Thema gibt, hier die Pressemitteilung des ZDF:
Corona-Viren werden durch das bisher empfohlene Aufbereitungsverfahren von Atemschutzmasken nicht vollständig abgetötet. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einem Papier, das dem ZDF-Magazin Frontal 21 exklusiv vorliegt. Darin heißt es, dass das bisherige von der Bundesregierung befürwortete Aufbereitungsverfahren „nicht ausreicht, um eine vollständige Inaktivierung infektiöser Viruspartikel auf den inkubierten Masken zu erzielen“. Die Verfasser des Papiers kommen zu dem Schluss: „Damit kann dieses Verfahren nicht mehr für die Dekontamination von Masken empfohlen werden.“ Das BfArM fordert deshalb, das aktuelle Aufbereitungsverfahren unverzüglich zu beenden. Darüber berichtete Frontal 21 in der Sendung am Dienstag, 28. April 2020, 21.10 Uhr, im ZDF.
Das Schreiben datiert vom 24. April 2020 und ist an das übergeordnete Bundesgesundheitsministerium gerichtet. Das BfArM empfiehlt darin, außerdem den Krisenstab und das Bundesarbeitsministerium unverzüglich über das Ergebnis zu informieren und eine Korrektur zu veröffentlichen. Trotzdem ist Stand heute das Aufbereitungsverfahren per Trockenhitze bei 70 Grad immer noch erlaubt. Auf Nachfrage äußerten sich die beiden Ministerien nicht zu dem umstrittenen Verfahren.
Wie Atemschutzmasken aufzubereiten und damit wiederzuverwenden sind, hatten das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesarbeitsministerium in einer Pressemitteilung am 1. April vorgegeben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erklärten damals: „Der Schutz des Personals im Gesundheits- und Pflegebereich hat oberste Priorität. Es ist gut, dass wir hier schnell und vorausschauend eine sichere Lösung für mögliche Lieferengpässe finden konnten.“ Zahlreiche Krankenhäuser, Arztpraxen sowie Pflegeheime und Pflegedienste verwenden Atemschutzmasken seitdem mehrmals, nachdem sie in dem vorgeschriebenen Verfahren aufbereitet worden sind.
In dem internen Papier des BfArM ist auch von einer möglichen Alternative die Rede: Danach könne im Falle entsprechend positiver Untersuchungsergebnisse voraussichtlich eine thermische Dekontamination bei 90 °C über 90 Minuten als Ersatzverfahren empfohlen werden. Dazu seien jedoch zunächst weitere Prüfergebnisse abzuwarten.
Zur Wiederverwendung von Atemschutzmasken generell gibt es nun auch neue Erkenntnisse der Technischen Universität Darmstadt. Sie informiert in einer aktuellen Pressemitteilung darüber, dass mehrfach eingesetzte FFP2-Schutzmasken für Klinikpersonal sicher sind – unter gewissen Bedingungen.
Das Zentrum für Konstruktionswerkstoffe der TU Darmstadt hat im Auftrag des Alice-Hospitals untersucht, ob der von der Klinik vorgeschlagene zwanzigminütige Sterilisationsprozess für getragene FFP-2-Gesichtsmasken bei 121° C die Funktionsfähigkeit der Masken beeinträchtigt. Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte Empfehlung, die FFP-2-Masken bei 65–70 °C trockener Hitze auszusetzen, um das SARS-CoV-2-Virus abzutöten, erschien dem Krankenhaus nicht ausreichend, da die Masken im Krankenhausbetrieb auch mit multiresistenten Keimen oder Sporen kontaminiert sein können, die erst bei weit höheren Temperaturen absterben.
Das Zentrum hatte in seinen Laboren elektronenmikroskopische Untersuchungen angestellt und zusätzlich das Fachgebiet Reaktive Strömungen und Messtechnik der TU Darmstadt für strömungstechnische Proben hinzugezogen. Dieses konzipierte und validierte innerhalb weniger Tage eine spezielle Apparatur, um wichtige Eigenschaften der Masken wie Partikelfilterung und Druckabfall nach mehreren Sterilisations-Durchläufen zu testen. Die aufwändigen Analysen von Materialproben neuer und vom Alice-Hospital mehrfach sterilisierter Masken unterschiedlicher Hersteller ergaben ein klares Bild: „Wir konnten auch nach bis zu zehn Sterilisationsbehandlungen keine belastbaren Hinweise auf eine Veränderung oder Schädigung der Faserstruktur oder der Filterwirkung feststellen“, sagt Professor Matthias Oechsner, Leiter des Zentrums für Konstruktionswerkstoffe.
„Wir erreichen mit Hilfe der Arbeiten der TU Darmstadt eine hohe Sicherheit“, sagt Bernd Göckel, Geschäftsleiter der „Alice-SterilGutVersorgung“. „Wir sind nun in der Lage, das Risiko für Mitarbeiter und Patienten sicher zu bewerten.“ Im nächsten Schritt will das Alice-Hospital im Zusammenhang mit der Sterilisation getragener Masken noch einige begleitende mikrobiologische Untersuchungen durchführen.
Textquellen: ZDF via Presseportal (ots) / Technische Universität Darmstadt
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