Sie ist klein, dünn, seit kurzem Pflicht und das Thema unzähliger emotionaler Diskussionen: die Maske. Und ja, ich habe Senf, den ich hier gerne dazugeben möchte.
Wir sind nun also in der verrückten Situation angekommen, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronainfektionen in Deutschland weiter gelockert werden, also die kleinen Geschäfte, Friseure, Buchläden usw. öffnen, aber dafür besteht jetzt Maskenpflicht.
Beim Blick in die klassischen Medien oder die, die sich sozial nennen, habe ich aber den Eindruck, das Tragen der Masken exkulpiere die Leute von allen Auflagen. Bilder vom englischen Garten in München oder den Flussauen in Großstädten zeigen Menschentrauben, die vielleicht in der Familie unterwegs sind, aber sicher in der Summe keinen ausreichenden Abstand zur nächsten Gruppe halten. Ich hoffe, dass das nicht nach hinten losgeht.
Richtig toll finde ich die Demonstrationen der einschlägig verdächtigen Verschwörungstheoretiker, die ohne Maske und ohne Abstand durch die Innenstädte watscheln. Können wir die mittels der neuen Handy-Apps tracken, damit die Leute direkt in eine COVID-Isolierstation umgeleitet werden können? Danke.
Das Schöne an der Maskenpflicht? Im Gegensatz zu den ganzen anderen Maßnahmen ist sie unmittelbar sichtbar. Je mehr Menschen eine Maske in der Öffentlichkeit tragen, desto mehr bleibt das weiterhin bestehende Risiko einer Infektion mit COVID-19 in den Köpfen der Menschen. Außerdem ist es eine sehr soziale Maßnahme, denn die einfachen Community-Masken schützen ja insbesondere das Gegenüber und nicht einen selbst. Das ist doch sehr sympathisch. Insofern: Maskenpflicht ist (wie das Impfen) eine Aufgabe mit sozialer Verantwortung. Nehmen wir sie als solche wahr und nicht als lästige Pflichtübung.
Video: Alltagsmaske, Wissenswertes rund um den MNS:
Nadine Roßa hat zur Reinigung der Masken ein wunderbares Sketchnote gemalt:
Nadine Roßa: Selbst genähte Masken richtig benutzen
Die letzte Woche war geprägt von den Empfehlungen des amerikanischen Präsidenten. Glücklicherweise gibt es noch Vernünftige unter den Beratern, die diese richtig interpretieren. Hier Dr. Fauci (zumindest fast):
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Sind wir doch mal ehrlich: Wie immer, wenn es um eine neue Entwicklung in unserem Leben geht, springen Experten aus allen Löchern hervor, um irgendetwas von sich zu geben. Darunter viele Pseudoexperten. Da ist es egal, ob es um die Corona-Pandemie geht, den Klimawandel oder um die Frage, wer die nicht stattfindende Fussball-EM gewinnen wird oder wen Jogi Löw am besten im Sturm einsetzt. Jeder, der nur ansatzweise etwas mit dem Thema zu tun hat, muss seinen Senf dazu geben. Und bei der C-Pandemie hat jeder mit dem Thema zu tun, deshalb muss sich auch jeder äußern. Ich ja auch.
Ich gehöre aber der paternalistischen Lebensansicht an. Ich könnte auch sagen: Ich habe mehr Vertrauen als manch anderer. Vertrauen in Herrn Drosten, Vertrauen in die WHO, Vertrauen in die Bundesregierung (und ich bin – Outing! – ganz sicher kein CDU/CSU-Sympathisant).
Virologen, Epidemiologen, auch Kliniker dürfen ihre Expertenmeinung äußern, sofern sie auf wissenschaftliche Fakten basieren, und können eine Empfehlung abgeben. Die Politik muss abwägen: Können wir das umsetzen? Können wir das den Menschen zumuten? Passt das zu unserer Gesellschaft, zu unserer Struktur?
Wenn es dann eine Empfehlung gibt, werde ich diese auch umsetzen. Vielleicht bin ich da zu sehr Schaf. Aber wie soll sonst eine Gesellschaft funktionieren? Wir sind ja nicht in einer Diktatur oder werden von einem durchgeknallten Pseudoexperten mit orangenen Haaren regiert. So viel Vertrauen muss sein. Ich glaube nicht, dass gerade unsere Wirtschaft den Bach hinunter geht.
„There is no glory in prevention.“ Dieser Satz (unbekannter Herkunft) hat „Klausi“ aka Herr Drosten in seinem Podcast vor ein paar Wochen zitiert, als er von den zu erwartenden Ausgangsbeschränkungen sprach und davon dass, wenn die Kurve der Neuansteckungen abflacht, alle rufen werden: „Her mit den Lockerungen! Ist alles doch gar nicht so schlimm!“
Ich finde es sehr risky, aus der Bevölkerung (oder Kindergartenkindern oder Schulkindern) eine große Testkohorte zu machen. Und wenn die Zahlen der Infektionen wieder anziehen, ach, naja, dann schließen wir eben die Geschäfte wieder.
Sehr interessant übrigens: Die Kinderklinik Heidelberg (alma mater meine) möchte eine Studie durchführen zu der Fragestellung, inwieweit Kinder überhaupt SARS-CoV-2 an ihre Eltern weitergeben. Gesucht werden vor allem Kleinkinder aus Notbetreuungen, ungefähr 2.000 (zusammen mit ihren Eltern). Die Rekrutierungsphase läuft, zusammen mit den anderen Unikliniken Baden-Württembergs Freiburg, Tübingen und Ulm. Leider gibt es eine Blutabnahme für die Kleinen und natürlich einen Nasenabstrich. Aber es ist ja für das Ganze. Das wird sicher eine sehr interessante Veröffentlichung. Und auch dann – egal, wie das Ergebnis aussehen wird – werden die einen sagen „wir haben es ja gleich gesagt“, während andere „wir haben es genauso anders gesagt“ rufen. So ist eben Wissenschaft und so ist eben Politik, die nach der Wissenschaft entscheidet.
Wichtigstes Update: Die Lieferung der Kassenärztlichen Vereinigung ist letzten Donnerstag gekommen. Immerhin 10 FFP- und 40 OP-Masken, 2 Kittel und eine Packung Handschuhe. Dankeschön. Damit hast du, liebe KV, leider nur die Bronzemedaille errungen. Ein Akutlieferant konnte Anfang der Woche innerhalb von drei Tagen Material in ausreichender Stückzahl liefern, ebenso die hiesige Apotheke.
Bleibt gesund!
Bildquelle: Marco Verch, flickr