Bei etwa 35.000 Frauen jährlich zeigt ein Mammographie-Screening eine auffällige Veränderung, die Ärzte mit einer Biopsie abklären. Doch nur etwa die Hälfte der Frauen ist wirklich erkrankt. Eine diffusionsgewichtete MRT könnte womöglich helfen, viele Kontrollbiopsien zu vermeiden.
Etwa jede zwanzigste Frau, die am Mammographie-Screening teilnimmt, muss damit rechnen, einen auffälligen Befund zu erhalten. Falls sich ein Krebsverdacht erhärtet, schlagen Screeningärzte vor, eine Biopsie zu entnehmen. Das betrifft jährlich knapp 35.000 Frauen. „Doch nur bei rund 17.000 von ihnen findet sich dann auch tatsächlich ein bösartiger Tumor“, sagt Dr. Sebastian Bickelhaupt. Der Radiologe erforscht am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) die Möglichkeiten der modernen MRT-Bildgebung bei Brustkrebs. „Wir haben überlegt, ob wir mit neuesten Bildgebungsverfahren den Anteil an invasiven Gewebeuntersuchungen nicht reduzieren könnten.“
Speziell für diese Fragestellung optimierten die DKFZ-Radiologen die diffusionsgewichtete Magnetresonanz-Tomographie. „Das besondere an einer diffusionsgewichteten MRT ist, dass man die Bewegung der Wassermoleküle im Gewebe sieht“, erklärt Prof. Heinz-Peter Schlemmer, Leiter der Radiologie im DKFZ. „Da Tumoren die Bewegung der Moleküle stark einschränken, wollten wir nun prüfen, ob unsere optimierte Brust-MRT das Potential hat, verdächtige Befunde ohne Biopsie abzuklären.“ In ihrer Studie verglichen die Forscher die MRT-Bilder mit den Biopsie-Ergebnissen. „Wir waren bereits nach den ersten 50 untersuchten Frauen begeistert: Durch die zusätzliche optimierte Brust-MRT konnten wir über 90 Prozent der auffälligen Befunde richtig klassifizieren. Das ist gegenüber der Rate von 50 Prozent, wie sie mit der Mammografie und anschließendem Ultraschall erreicht wird, eine enorme Steigerung“, sagt Bickelhaupt. Der auffällige Befund der Röntgen-Mammographie (links) bestätigt sich bei der kombinierten diffusionsgewichteten Brust-MRT (rechts): Das orangefarbene Signal lässt auf einen bösartigen Tumor schließen. Eine anschließende Gewebeuntersuchung bestätigte das MRT-Ergebnis. Quelle: DKFZ
Doch das Mammographie-Screening nun durch eine Brust-MRT-Screening zu ersetzen, hält Schlemmer dennoch nicht für den richtigen Weg: „Die Stärke der Studie liegt in der Nutzung der MRT als zusätzliche Abklärungsmaßnahme.“ Die Röntgen-Mammografie entdeckt im Gegensatz zur MRT auch feinste Mikroverkalkungen, die auf nicht-invasiven Brustkrebs (DCIS) hinweisen. Um verdächtige Befunde abzuklären, ist die optimierte Brust-MRT nach Schlemmers Meinung gut geeignet. Eine Biopsie wäre nur noch dann erforderlich, wenn die MRT einen positiven Befund sehr wahrscheinlich macht. Ein auffälliger Befund der Röntgen-Mammographie (nicht im Bild) lässt sich in der konventionellen MRT-Mammographie (oben) ebenfalls darstellen, kann durch die kombinierte diffusionsgewichtete Brust-MRT jedoch entkräftet werden (unten). Auch hier bestätigte eine anschließende Gewebeuntersuchung das MRT-Ergebnis. Quelle: DKFZ Bis es soweit ist, dass allein auf Grundlage der MRT auf Biopsien verzichtet werden kann, und die Kosten der diffusionsgewichteten Brust-MRT von den Kassen übernommen werden, sind anschließend noch deutlich größere Studien erforderlich. Die Radiologen wollen nun auch bei anderen Tumorarten untersuchen, wie sich die diffusionsgewichtete Magnetresonanz-Tomographie zur Abklärung verdächtiger Befunde und zur Verlaufskontrolle eignet. Originalpublikation: Fast and Noninvasive Characterization of Suspicious Lesions Detected at Breast Cancer X-Ray Screening: Capability of Diffusion-weighted MR Imaging with MIPs Sebastian Bickelhaupt et al.; Radiology, doi: 10.1148/radiol.2015150425; 2015