Mäuse mit einem Calcineurin-Defekt sind trotz fettreicher Nahrung vor Übergewicht geschützt und zeigen einen erhöhten Kalorienverbrauch. Möglicherweise könnte eine medikamentöse Hemmung von Calcineurin mit einem Inhibitor wie Tacrolismus helfen, Adipositas zu behandeln.
Die Mitochondrien wandeln die aufgenommene Nahrung über biochemische Zwischenschritte in Energie um. Die „Kraftwerke“ der Zelle sind in einem Netzwerk miteinander verbunden, welches je nach Aktivität und Bedarf der Zelle über eine Verschmelzung (Fusion) bzw. Teilung (Fission) von Mitochondrien dynamisch reguliert werden kann. Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München berichten von einem neuen Mechanismus, mit dem die Zelle durch die Bildung von länglichen mitochondrialen Nanotunneln die Zellatmung verstärkt und hierdurch eine allgemeine Verbesserung des Energie- und Glukosehaushalts im gesamten Körper bewirken kann.
Entscheidend dabei ist das Molekül Calcineurin. „In unserer Studie konnten wir zeigen, dass Fliegen, die kein Calcineurin produzieren können, trotz hochkalorischer Nahrung ein geringeres Gewicht, geringere Fettspeicher sowie eine erhöhte Stoffwechselrate aufwiesen,“ so Dr. Paul Pfluger vom Institut für Diabetes und Adipositas. Und scheinbar sind die Fliegen kein evolutionärer Einzelfall: Auch Mäuse mit einem Calcineurin-Defekt waren trotz fettreicher Nahrung vor Übergewicht geschützt und zeigten einen erhöhten Kalorienverbrauch. Um diesen Effekt zu bestätigen, hemmten die Wissenschaftler im Tiermodell ganz gezielt die Wirkung von Calcineurin durch den Inhibitor Tacrolimus. Und tatsächlich konnte diese Behandlung ebenfalls die Gewichtszunahme durch kalorienreiche Nahrung reduzieren.
„Ein evolutionär so hoch konservierter Mechanismus zur Kontrolle des Stoffwechsels in Fliegen und Mäusen lässt vermuten, dass Calcineurin auch im Menschen eine ähnliche Rolle spielt“, spekuliert Pfluger. „Es würde also naheliegen, die Funktion von Calcineurin medikamentös zu unterbinden, um Fettsucht zu behandeln“. Entsprechende Inhibitoren, wie Tacrolismus, werden hochdosiert bereits seit Jahren in der Klinik eingesetzt, um eine Abstoßungsreaktion nach Gewebetransplantationen zu verhindern, sind aber aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen nicht unumstritten. Effekte von niedrigdosierten Calcineurin-Inhibitoren auf das Körpergewicht von adipösen Patienten wurden allerdings bisher nicht klinisch untersucht. „Unserer Meinung nach ist eine solche Studie mit niedrigen Konzentrationen von Calcineurin-Inhibitoren durchaus sinnvoll. Entsprechende Ansätze werden aktuell getestet“, so Pfluger. Originalpublikation: Calcineurin Links Mitochondrial Elongation with Energy Metabolism Paul T. Pfluger, Cell Metabolism, doi: 10.1016/j.cmet.2015.08.022; 2015