COVID-Patienten könnte geholfen werden, wenn man auch das ZNS in die Behandlung einbezieht, vermuten Forscher.
Bei Infektionen des Respirationstraktes, wie auch bei COVID-19, kann es im weiteren Verlauf zum sogenannten ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) kommen. Bei diesen Patienten spielt die Beatmung und eine Aufrechterhaltung der Lungenfunktion eine bedeutende Rolle, um eine weitere Schädigung der Lunge zu minimieren. Eine neue Veröffentlichung im Journal of Physiology suggeriert jetzt, dass eine Schädigung der Lunge auch Auswirkungen an einem weiteren Ort hat: im Gehirn.
In Versuchen mit Ratten konnte die Arbeitsgruppe um Yee-Hsee Hsieh und Frank J. Jacono feststellen, dass jene Bereiche im Gehirn, welche die Atmung regulieren, bei einem Lungenschaden ebenfalls Anzeichen einer Entzündung aufweisen. Ihre Hypothese besagte, dass diese zentrale Entzündung maßgeblich das Atemmuster nach einem akuten Lungenschaden beeinflusst.
In ihren Versuchen konnten die US-Forscher zeigen, dass pathologische Atemmuster auch unabhängig von sensorischem Input der Lunge oder Rückmeldung der peripheren Chemorezeptoren bestehen blieben. Histologisch äußerte sich der Lungenschaden im ZNS hauptsächlich durch eine Erhöhung des proinflammatorischen Zytokins IL‐1β im Nucleus des Tractus solitarius der Nager.
Applizierten die Forscher ein nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) an diese Stelle in der Medulla oblongata, so ging nicht nur dort die Entzündung zurück, es verbesserte sich außerdem das pathologische Atemmuster der Tiere mit der Lungenschädigung.
Könnte also in Zukunft das Zentrale Nervensystem ein weiterer Ansatzpunkt für Patienten mit ARDS oder COVID-19 sein? Yee-Hsee Hsieh, Erstautor der Veröffentlichung ist überzeugt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir bei einer ganzheitlichen Behandlung von Patienten mit akutem Lungenschaden oder eventuell auch COVID-19 neben der Lunge ebenfalls die Rolle des ZNS und neuroinflammatorischer Prozesse nicht unterschätzen sollten.“
Inwiefern ein solcher Ansatz auch beim Prozess des Weanings, der „Entwöhnung“ nach einer maschinellen Beatmung, hilfreich sein kann, muss nun weiter erforscht werden.
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