Proteine, die in die Mitochondrien gelangen wollen, müssen den TOM-Komplex passieren – eine fassartige Proteinstruktur, die Mitochondrien und Cytosol verbindet. Neue Strukturanalysen liefern Einblicke in die Pförtnerfunktion und die Beteiligung an Mitochondriopathien.
Die molekulare Maschine TOM – kurz für „translocase of the outer membrane“ – bildet Kanäle durch die äußere Membran von Mitochondrien. Fehlfunktionen des Proteinimports in die Mitochondrien führen zu schweren neurologischen Erkrankungen. Solche so genannten Mitochondriopathien entstehen, wenn die Mitochondrien ihre Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen und so die Nervenzellen ihre Funktion im menschlichen Körper nicht wahrnehmen können. Die Aufgabe von TOM – kurz für „translocase of the outer membrane“ – ist der Transport von mehr als 1.000 verschiedenen Proteinen aus dem Zytoplasma in die Mitochondrien, da in ihnen die Reaktionen der Zellatmung ablaufen, die die in der Nahrung gespeicherte Energie so umsetzen, dass Zellen diese nutzen können. Bereits bekannt ist, dass der TOM-Komplex aus verschiedenen Eiweißmolekülen aufgebaut ist, die fest in der Außenmembran verankert sind. Vier TOM-Proteine besitzen einen einfachen Membrananker, eines hat eine Fass-Struktur. Der TOM-Komplex bildet einen Kanal durch die äußere Membran der Mitochondrien und importiert Proteine vom Cytosol, der Zellflüssigkeit, in die Zellkraftwerke. © Nils Wiedemann Die Wissenschaftler um die Freiburger Biochemiker Dr. Nils Wiedemann und Prof. Dr. Nikolaus Pfanner vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie haben nun einzelne Proteinmoleküle in Experimenten verknüpft und so die molekulare Architektur der aktiven TOM-Kanäle rekonstruiert. Im TOM-Komplex sind die Eiweißmoleküle auf eine völlig neue Weise angeordnet als in den bekannten Membrankanälen: Die TOM-Proteine mit Fassstruktur befinden sich zwischen einem Kern und einem äußeren Ring von Membranankerproteinen. Die Forscher zeigten, dass die Proteine, die in die Mitochondrien transportiert werden sollen, durch die Fässer in die Zellkraftwerke gelangen.
Die Forscher vermuten, dass sich die besondere Struktur des TOM-Komplexes aus folgendem Grund gebildet hat: TOM-Proteine mit einfachem Membrananker sind als Pförtner oder Rezeptoren dafür zuständig, Proteine zu erkennen und auszuwählen, die in die Mitochondrien transportiert werden. Durch die Anlagerung dieser Rezeptoren rund um die Fassproteine verläuft die Eingangskontrolle an den mitochondrialen Eingangstoren genauer und effizienter, sodass die Mitochondrien ihre Aufgabe als Zellkraftwerke besser wahrnehmen können. Originalpublikation: Molecular architecture of the active mitochondrial protein gate Takuya Shiota et. al.; Science, doi: 10.1126/science.aac6428; 2015