Eine Intensivierung der Radiotherapie verbessert bei Patienten mit Prostatakarzinom die Chancen, die Krebserkrankung langfristig zu überleben. Dabei steigt die Wirkung mit der Dosis. Die größten Vorteile einer Dosiseskalation zeigen Patienten mit aggressiven Tumoren.
Im Frühstadium von Prostatakrebs wird in der Regel eine externe Radiotherapie durchgeführt. Die gute Verträglichkeit der Radiotherapie und technische Fortschritte der Bestrahlungsgeräte haben es in den letzten Jahren ermöglicht, die Strahlendosis immer weiter zu erhöhen. Prof. Dr. med. Thomas Wiegel, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Ulm und Sprecher der Organgruppe Prostata der DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie): „Früher waren 70 Gray das Limit, heute können auch bis 80 Gray sicher verabreicht werden.“ Ob diese Intensivierung die Überlebenschancen der Patienten steigert, wusste man bislang nicht verlässlich. Durch das meist langsame Wachsen des Prostatakarzinoms mussten erst einige Jahre vergehen.
Eine Auswertung von Daten aus dem National Cancer Database, einem der weltweit größten Patientenregister, zeigt nun, wie effektiv die Erhöhung der Strahlendosis tatsächlich ist. Anusha Kalbasi von der Universität von Pennsylvania in Philadelphia konnte die Daten von mehr als 42.000 Patienten auswerten, die zwischen 2004 und 2006 in den USA eine externe Strahlentherapie erhalten hatten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Dosis-Eskalation vor allem Patienten mit aggressiven Tumoren nutzt und somit auf Tumoren mit mittlerem oder hohem Risiko beschränkt ist. In der Hochrisiko-Gruppe lebten sieben Jahre nach der Behandlung noch 74 Prozent der Männer, wenn sie eine Hochdosis-Therapie erhalten hatten, in der Gruppe mit mittlerem Risiko konnte die 7-Jahres-Überlebensrate von 78 auf 82 Prozent verbessert werden. In der mit niedrigem Risiko war hingegen kein Unterschied erkennbar. Hier überlebten in beiden Gruppen 86 Prozent mindestens sieben Jahre.
Die Wirkung der Strahlentherapie stieg mit der Dosis. Jede Steigerung um 2 Gray verbesserte die Überlebenschancen der Patienten um 1,5 Prozentpunkte. DEGRO-Pressesprecher Prof. Dr. med. Frederik Wenz, Direktor am Universitätsklinikum Mannheim, erklärt: „Die Verbesserung der Überlebenschance für Patienten mit mittlerem und hohem Risiko durch eine Dosis-Eskalation ist überzeugend. Der fehlende Nutzen bei Tumoren mit niedrigem Risiko ist aber ein Zeichen dafür, dass bei diesen Patienten die Notwendigkeit einer aggressiven Therapie überdacht werden sollte.“ Dies gelte speziell bei älteren Patienten, ergänzt Wenz, wobei aus Sicht der DEGRO die Strahlentherapie eine wenig belastende Option ist. Originalpublikation: Dose-Escalated Irradiation and Overall Survival in Men With Nonmetastatic Prostate Cancer Anusha Kalbasi et al.; JAMA Oncology, doi: 10.1001/jamaoncol.2015.2316; 2015