Ärzte in Baden-Württemberg können die Fernbehandlung bald auch bei neuen Patienten nutzen. Wer also vorher noch nicht persönlich in der Arztpraxis oder Klinik war, kann sich künftig auch am Telefon, per Videogespräch oder per Chat vom Arzt behandeln lassen. Möglich wird dies durch die neue Regelung für die ausschließliche ärztliche Fernbehandlung in der Berufsordnung (§ 7 Absatz 4)*, die am 1. Juni 2020 in Kraft tritt. Zuvor war die Fernbehandlung von neuen Patienten nur im Rahmen von Modellprojekten möglich. Für „Bestandspatienten“ galt die Möglichkeit der Fernbehandlung allerdings seit jeher.
„Die ausschließliche Fernbehandlung ist eine wichtige und sinnvolle Ergänzung für die Patientenversorgung“, sagt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Für viele Patienten sei die telemedizinische Verabredung leicht in den Alltag zu integrieren. Darüber hinaus helfe sie dabei, Wartezeiten und Verzögerungen im Medizinbetrieb zu reduzieren, weil Informationen schon im Vorfeld des Arztbesuchs bereitgestellt werden könnten.
„Die Fernbehandlung ersetzt aber natürlich nicht den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt, der weiterhin die Regel bleibt“, betont Dr. Miller. Auch würde bei der Fernbehandlung der einzelne Arzt-Patienten-Kontakt in der Regel etwas länger dauern, da bei der indirekten Konsultation – gerade bei bisher unbekannten Patienten – viel erfragt und dokumentiert werden müsse, was bei der persönlichen Untersuchung schnell und unkompliziert vonstattengehe.
In Baden-Württemberg konnte die Ärzteschaft schon sehr früh Erfahrungen mit der ausschließlichen Fernbehandlung sammeln: So hatte die Landesärztekammer bereits im Sommer 2016 – bundesweit als Vorreiter – die ausschließliche Fernbehandlung zunächst im Rahmen von Modellprojekten erlaubt. Damit ermöglichte sie unter anderem der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und dem Justizministerium Baden-Württemberg konkrete Projekte.
„Wir haben uns damals ganz bewusst dafür entschieden, eine längere, behutsame Erprobungsphase mit Modellversuchen zu durchlaufen“, sagt Dr. Miller. „So konnten wir mehr als in anderen Bundesländern nach und nach wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Mit der Zeit kristallisierte sich auch heraus, dass die Fernbehandlung von Patienten sowie der Ärzteschaft überwiegend sehr positiv angenommen wird.“ Die Ärzte im Südwesten hätten jetzt die Möglichkeit, die Fernbehandlung von neuen Patienten Schritt für Schritt in ihren Praxisalltag zu integrieren.
Die Corona-Krise hat der Telemedizin aktuell eine gewisse Dringlichkeit verliehen. Denn die telemedizinische Begegnung schützt Patienten und medizinisches Personal gleichermaßen vor Ansteckung. Die stärker werdende Vernetzung von Kliniken und Arztpraxen trägt ebenfalls dazu bei, dass virtuelle Behandlungsformen künftig eine größere Rolle spielen. Die Kammer wird daher in diesem Jahr ihr Fortbildungsprogramm erweitern, um Ärzte beim Umgang mit digitalen Gesundheitsanwendungen zu unterstützen.
Der Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Landesärztekammer Baden-Württemberg.
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