Wirkstoffe zur zielgerichteten Tumortherapie erhalten oft nur für bestimmte Krebsarten eine Zulassung. Trotzdem setzen Onkologen entsprechende Präparate off label bei ähnlichen Erkrankungen ein. Für Patienten bringt das Gießkannenprinzip keinen Mehrwert.
Pharmaka zur zielgerichteten Tumortherapie greifen an spezifischen Merkmalen maligner Zellen an. Wichtige Vertreter sind Tyrosinkinase-Inhibitoren, Inhibitoren des EGF-Rezeptors, Antikörper gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor HER2/neu, Multikinase-Inhibitoren, BRAF-Inhibitoren, mTOR- Inhibitoren und Aromatase-Inhibitoren. Bei Zulassungsstudien weisen Forscher den Mehrwert oft nur für eine bestimmte Krebsart nach, obwohl andere Tumoren ähnliche Zielstrukturen haben. Grund genug für viele Ärzte, entsprechende Wirkstoffe off label einzusetzen. Ob Patienten tatsächlich von dieser Strategie profitieren, hat Christophe Le Tourneau, Paris, jetzt zusammen mit Kollegen untersucht.
Er rekrutierte 741 Patienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen. Von ihnen hatten 293 (40 Prozent) mindestens eine molekularbiologische Anomalie, die zu bekannten therapeutischen Regimes passte. Le Tourneau ordnete 195 Teilnehmer randomisiert zwei unterschiedlichen Behandlungsgruppen zu. In der experimentellen Gruppe bekamen sie je nach Tumorstatus Erlotinib, Lapatinib plus Trastuzumab, Sorafenib, Imatinib, Dasatinib, Vemurafenib, Everolimus, Abirateron, Letrozol sowie Tamoxifen. Dabei handelte es sich immer um Off-Label-Anwendungen. Personen der Kontrollgruppe erhielten leitliniengerechte Chemotherapien – eine deutlich preisgünstigere Methode. Wie sah es mit dem Benefit für Patienten aus?
Beim progressionsfreien Überleben zeigte sich kein statistisch signifikanter Mehrwert für die deutlich hochpreisigere Behandlung mit speziellen Inhibitoren, verglichen mit etablierten Chemotherapie-Protokollen. Grund genug für die Autoren, vom Off-Label-Einsatz hochspezifischer Arzneistoffe abzuraten. Gleichzeitig ermuntern sie Kollegen, Zielstrukturen in neuen klinischen Studien gründlicher zu untersuchen. Das ist leichter gesagt als getan: Je mehr Mutationen entdeckt werden, desto schwerer wird es, große Patientenzahlen zu rekrutieren. Grund genug für die American Society of Clinical Oncology (ASCO), Daten über zielgerichtete Therapien zu sammeln. Einen anderen Weg hat das National Cancer Institute eingeschlagen. Im Rahmen der NCI-Molecular Analysis for Therapy Choice (NCI-MATCH)-Studie sind zehn Therapiearme geplant.