Obwohl die Immuntherapie die Überlebensraten von Krebspatienten immens erhöht hat, sprechen nicht alle auf diese Art von Medikament an. In den vergangenen Jahren wächst dagegen mehr und mehr das Verständnis dafür, dass unser Darmmikrobiom nicht ausschließlich physiologische Prozesse reguliert oder an der Genese bestimmter Erkankungen beteiligt ist. Wissenschaftler stellen sich inzwischen die Frage: Könnten Darmbakterien über den Erfolg und Misserfolg einer Immuntherapie entscheiden?
Lesezeit: ca. 2 min.
Die Antwort ist wahrscheinlich mit JA zu beantworten. Die Resistenz gegen eine Art von Krebsimmuntherapie wird auf eine abnormale Darmmikrobiomzusammensetzung zurückgeführt, wie eine aktuelle Studie zeigt.1 Routy und Kollegen führten eine Studie durch, bei der Patienten mit Lungen-, Nieren- oder Blasenkrebs teilnahmen die mit einer Immuntherapie behandelt wurden. Tumorzellen können unser eigenes Immunsystem täuschen und verhindern so, dass unser Körper sie angreift. Die Immuntherapie löst diese Täuschung auf und ermöglicht es dem Immunsystem die Krankheit zu bekämpfen. Die Wissenschaftler untersuchten die Darmmikrobiomzusammensetzung von Patienten die auf eine bestimmte Art von Immuntherapie, dem Immun-Checkpoint-Inhibitor gegen PD-1, ansprachen und von denen die nicht auf den Antikörper ansrprachen.
Bei etwa 69% der Responder sowie 58% der Patienten aus der Gruppe mit einem stabilen Zustand konnte vermehrt das Bakteriums Akkermansia muciniphila nachewiesen werden. In der Gruppe der Non-Responder oder verstorbenen Patienten, konnte nur bei 34% Akkermansia muciniphila detektiert werden (p=0.007). Diese Ergebnisse zeigen, dass bestimmte Arten von Bakterien mit den vorteilhaften Wirkungen von Antitumor-Therapien in Verbindung gebracht werden könnten.
Bestimmte Arten von Bakterien werden mit einer vorteilhafteren Wirkung von Antitumor-Therapien in Verbindung gebracht
Wenn also die Darmbakterien für diese enormen Vorteile verantwortlich sind, könnten wir dann den "nicht-ansprechenden Patienten" eine große Portion der „guten“ Bakterien zufügen und sie so zu Respondern machen?
Mit dieser Frage beschäftigten sich die Forscher anhand von Krebs-Mausmodellen. Sie nahmen Stuhlproben von ansprechenden und nicht ansprechenden Krebspatienten und setzten diese „guten“ oder „schlechten“ Darmbakterien in Mäuse mit Tumoren ein. Als die Mäuse anschließend mit einer Immuntherapie behandelt wurden, reagierten erwartungsgemäß diejenigen die „gute“ Stuhlproben erhielten auf die Behandlung, während Mäuse mit „schlechten“ Stuhlproben dies nicht taten.
Sobald die Forscher die "schlechten" Stuhlproben mit der Bakterienspezies Akkermansia muciniphila (kam bei den ansprechenden Patienten besonders häufig vor) künstlich anreicherten , schlug interessanterweise die Immuntherapie auch bei den Non-Responder-Mäusen an.
Ob diese vielversprechenden Ergebnisse in klinische Studien am Menschen übertragen werden können, muss noch geklärt werden.
Antibiotika könnten die Ursache für Behandlungsresistenz sein
Angesichts der Tatsache, dass Mikroben so wichtige Akteure im Kampf gegen Krebs sind, ist es nicht verwunderlich, dass die Studie zusätzlich zeigte, dass dieser Prozess auch durch Antibiotika beeinflusst wird.1
Patienten mit Blasen- oder Lungenkrebs, die bis zu 2 Monate zuvor oder 1 Monat nach ihrer ersten Immuntherapie-Behandlung Antibiotika gegen üblich auftretende Infektionen erhielten, hatten deutlich kürzere Überlebensraten als Patienten, die keine Antibiotika erhielten.
So einfach ist es aber doch nicht! Denn es wurde bereits gezeigt, dass z.B. bestimmte kommensale Escherichia coli-Stämme, spezifische Enzyme produzieren, die manche Antitumor-Wirkstoffe inaktivieren können.2 Dieser Befund würde die Möglichkeit eröffnen, dass die Kombination einer Antibiotikabehandlung mit einer Krebstherapie ebenfalls vorteilhaft sein könnte.
Christian Jobin, Ph.D. von der University of Florida, schrieb in einem Leitartikel, der im Rahmen von Routys Forschung im Journal Science veröffentlicht wurde: „Das Vorhandensein spezifischer intestinaler Bakterienstämme kann möglicherweise das Fortschreiten von Krebs und die Wirkung von Therapeutika modulieren, was die Möglichkeit bietet, dass gezielte Medizin auf die Mikrobiota auch Hinweise über Prognose und Therapie geben könnte“.3
Referenzen:
1. Routy, B. et al. Gut microbiome influences efficacy of PD-1 based immunotherapy against epithelial tumors. Science 359, 91–97 (2018). 2. Geller, L. T. et al. Potential role of intratumor bacteria in mediating tumor resistance to the chemotherapeutic drug gemcitabine. Science 357, 1156–1160 (2017). 3. Jobin, C. Precision medicine using microbiota. Science 359, 32-34 (2018).
Bildquelle:istock.com/gorodenkoff © Microbiotica GmbH