Die Diskussion um eine von Christian Drosten veröffentlichte Studie reißt nicht ab. Nachdem die Bild ihn attackierte, schaltet sich jetzt auch der Virologe Alexander Kekulé ein. In einem Gastbeitrag im Tagesspiegel wirft er Drosten schwere methodische Fehler vor. Für ihn sei es schwer nachvollziehbar, warum Drosten die Studie nicht bereits zurückgezogen hat.
Drosten wehrte sich am Donnerstagmorgen gegen diese Kritik bei Twitter. Dort schreibt er: „Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren.“
In der Studie, die Ende April als Preprint veröffentlicht wurde, untersuchten Drosten und sein Team die Viruslast bei Kindern und Erwachsenen. Das Ergebnis: Die Viruslast im Rachen unterschied sich zwischen allen untersuchten Altersgruppen nicht signifikant. Im Fazit mahnten die Forscher deshalb zur Vorsicht, was die Wiedereröffnung von Schulen und KiTas angeht (wir berichteten).
Im Artikel der Bild kommen einige Wissenschaftler zu Wort, die die Studie zum Teil scharf kritisierten. Alle zitierten Wissenschaftler distanzierten sich inzwischen von der Bild-Berichterstattung.
So schreibt etwa der Ökonom Jörg Stoye, der an der Cornell-Universität in Ithaca, USA, Statistik lehrt, dass er nie in Kontakt mit Bild stand und nicht Teil einer Anti-Drosten-Kampagne sein will. Offenbar stammten Stoyes Zitate aus einem Aufsatz, den er ursprünglich auf Englisch verfasst hatte – und den Bild dann recht freihändig übersetzte, sagt er in einem Interview. „So, wie ‚Bild‘ meine Zitate verwendet, stehe ich auf keinen Fall dazu.“
Natürlich würde kein guter Wissenschaftler per se von der eigenen Unfehlbarkeit ausgehen. Deswegen ist es gängige wissenschaftliche Praxis, dass Studien und Studienergebnisse kritisch unter die Lupe genommen werden. Dabei kann der Ton auch mal schärfer werden. Das mag auf Laien befremdlich wirken – doch aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich um reine Kritik an der Sache.
Der Streit zwischen Drosten und Kekulé wirkt nun aber alles andere als sachlich. Das liegt wohl auch daran, dass er ungefiltert in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird. Unwillkürlich fragt man sich, ob es bei solch wichtigen Themen wie einer Pandemie nicht angebracht wäre, der Wissenschaft Medienberater für ihre Vertreter ans Herz zu legen – so wie es bei Politikern längst üblich ist.
Bildquelle: Chris Sabor, unsplash