Wegen der Corona-Pandemie fand auch der weltweit größte Krebskongress dieses Jahr nicht wie gewohnt in Chicago, sondern rein virtuell statt. Meine Highlights vom ASCO 2020.
Im Rahmen der – in diesem Jahr nur digitalen – Plenary Session, deren Präsentationen traditionell als potenziell practice-changing gewertet werden, wurde u. a. die ADAURA-Studie vorgestellt. In dieser doppelblinden Phase-III-Studie wurde der EGFR-Inhibitor Osimertinib in der adjuvanten Therapiesituation beim resezierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC, Stadium IB-IIIA) mit nachgewiesener EGFR-Mutation gegen Placebo getestet.
Insbesondere in den Stadien II und IIIA führte der Inhibitor zu einer beeindruckenden Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (DFS). Das 2-Jahres-DFS liegt für diese Stadien verglichen mit Placebo bei 91 % vs. 56 % bzw. 88 % vs. 32 % (HR 0,17 bzw. 0,12).
Der Einsatz von Osimertinib sowie die damit verbundene Bestimmung einer EGFR-Mutation, was bislang nur im metastasierten Stadium IV zum Tragen kommt, wird basierend auf diesen Ergebnissen sicherlich als erste zielgerichtete Therapie einen Einzug in die Therapie des frühen NSCLC haben.
Auch die Immuntherapie war erneut mit zwei Studien in der Plenary Session vertreten. Eine hiervon ist die KEYNOTE-177, welche den PD-1-Inhibitor Pembrolizumab in der Erstlinientherapie des metastasierten Kolonkarzinoms mit hochgradiger Mikrosatelliteninstabilität (MSI-high) testete.
Der Vergleichsarm dieser Phase-III-Studie bestand aus einer Standard-(Kombinations)- Chemotherapie (FOLFOX/FOLFIRI +/- Bevacizumab/Cetuximab). Unter der Immuntherapie zeigte sich ein signifikant und deutlich verbessertes medianes progressionsfreies Überleben (PFS) mit einer Verdoppelung von 16,5 vs. 8,2 Monaten (HR 0,60, p=0,0002).
Bei JAVELIN 100 handelt es sich ebenfalls um eine Phase-III-Studie, die den PD-L1-Inhibitor Avelumab beim metastasierten Urothelkarzinom als Erhaltungstherapie nach einer platinhaltigen Erstlinientherapie versus best supportive care (BSC) testete.
Auch hier erbrachte die Immuntherapie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) von 21,4 vs. 14,3 Monaten (HR 0,69, p=0,0005), die sich in der Subpopulation der PD-L1-positiven Tumoren sogar steigerte, wo das mediane OS noch nicht erreicht ist (vs. 17,1 Monate in der Vergleichsgruppe; HR 0,56, p=0,0003).
Von beiden Therapien ist zu erwarten, dass sie perspektivisch den neuen Standard in der jeweiligen Indikation stellen werden.
Zu den weiteren prominent platzierte Studien gehört auch die E2108. Hier zeigte sich, dass eine frühe lokoregionäre Behandlung nach Systemtherapie beim metastasierten Mammakarzinom verglichen mit alleiniger Systemtherapie keinen Benefit hinsichtlich des OS oder der Lebensqualität brachte.
Seitens der Hämatologie wurde unter anderem die ENDURANCE-Studie vorgestellt, die untersuchte, ob sich in der Therapie des neu diagnostizierten multiplen Myeloms durch einen Tausch des Proteasom-Inhibitors Bortezomib durch Carfilzomib als Kombinationspartner mit Lenalidomid und Dexamethason eine Verbesserung des PFS erreichen ließe.
Hier zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Therapien, sodass insbesondere auf Grund des unter Carfilzomib stärker ausgeprägten kardialen, pulmonalen und renalen Nebenwirkungsprofils die Kombination mit Bortezomib wohl im Regelfall der Standard bleiben wird. Ersteres stellt jedoch ein ebenbürtiges Regime dar, falls Bortezomib bspw. auf Grund einer Polyneuropathie nicht eingesetzt werden kann.
Für das lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom konnte die RAPIDO-Studie zeigen, dass es mittels präoperativer Kurzzeitbestrahlung (5 x 5 Gy), gefolgt von Chemotherapie und schließlich totaler mesorektaler Exzision (TME) zu weniger Therapieversagen als nach einer präoperativen Chemoradiotherapie (25–28 x 2,0–1,8 Gy) kommt.
Die SWOG S1505 schließlich widmete sich der perioperativen Therapie des resektablen Pankreaskarzinoms und verglich die beiden Therapie-Schemata mFOLFIRINOX und Gemcitabin/nab-Paclitaxel miteinander, die sowohl prä- als auch postoperativ verabreicht wurden.
Diese Phase-II-Studie zeigte für beide Arme ein ähnliches mOS von 22,4 bzw. 23,6 Monaten, was auf einem Niveau mit der historischen Kontrolle dieser Studie war. Auf eine Beantwortung der Frage von neoadjuvanter vs. adjuvanter Therapie war die SWOG S1505 darüber hinaus nicht ausgelegt. Bemerkenswert sind hier jedoch sicherlich die hohe Rate an R0-Resektionen (85 % in beiden Armen) sowie das pathologische Ansprechen von 42 % (vs. 25 %) unter Gemcitabin/nab-Paclitaxel.
Bildquelle: Hal Gatewood, Unsplash