Um die Details einer Infektion mit SARS-CoV-2 unter möglichst natürlichen Bedingungen erforschen zu können, lässt ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) menschliche Lungen-Organoide aus Stammzellen wachsen. Diese Technik ermöglicht es auch, Tests mit verschiedenen Wirkstoffen im Hochdurchsatzverfahren durchzuführen. Das Projekt heißt „Analyse von Sars-Cov-2 infizierten humanen Lungen-Organoiden“, kurz Organsars.
Organoide wachsen aus induzierten pluripotenten Stammzellen ähnlich einem Embryo heran. Sie haben gegenüber bisher genutzten Tiermodellen und Zellkulturen, die auf menschlichem Lungengewebe aus Biopsien basieren, mehrere Vorteile: Sie leiten sich von menschlichen Zellen ab, lassen sich in großen Mengen herstellen und haben alle denselben genetischen Hintergrund. „Unterschiede aufgrund verschiedener Spender fallen daher weg“, erläutert Thorsten Müller, Leiter der Arbeitsgruppe Cell Signalling in der Abteilung für Molekulare Biochemie der RUB.
Somit sind die Organoide ein verlässliches 3D-Modell, das es auch ermöglicht, komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Zelltypen des Lungengewebes zu untersuchen. „Im Projekt ist es unser Ziel, dieses Modell in Richtung eines Hochdurchsatzverfahrens mit geringer Variabilität weiterzuentwickeln, um Sars-Cov-2-Infektionen zu untersuchen“, so Müller. Das Team interessiert sich dabei sowohl für die Vermehrung der Viren als auch für die Entstehung der Erkrankung COVID-19, die Entzündungsmechanismen und die Ausschüttung von Immunbotenstoffen im Lungengewebe.
Darüber hinaus wird das Team analysieren, wie sich die Infektionsraten unter Anwendung antiviraler Substanzen wie Remdesivir, Camostat und Chloroquin verhalten. Auch eine Bibliothek neuer Substanzen soll getestet werden. „Für diese Experimente werden wir ein Reporter-Sars-Cov-2-Virus verwenden, in dessen Genom eine Sequenz für das grün fluoreszierende Protein integriert wurde“, erklärt Prof. Stephanie Pfänder von der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der RUB. Sie war kürzlich an der Herstellung des ersten molekularen Sars-Cov-2-Klons beteiligt.
Mit diesem System ist es erstmals möglich, das Genom des Virus zu manipulieren und Reportergene einzubauen. „Mittels hochauflösender Mikroskopie werden wir die Interaktionen zwischen Virus und Organoid und die Mechanismen der Infektion untersuchen“, so Pfänder. Dadurch hoffen die Forscher, einen geeigneten antiviralen Wirkstoff finden zu können.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum.
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